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das garstige und unglückliche Geschöpf mit den abgeschornen Haaren und den schmutzigen zerrissenen Kleidern, das da Holz haut? und sie haben geantwortet: der garstige und dumme Aschenbrödel. Aschenbrödel aber hat ihn sogleich erkannt und seine Worte gehört, und es ist ihr in der Seele gewesen, als solle sie antworten: Nein! es ist nicht wahr! Aschenbrödel bin ich nicht sondern Nanthilde. Aber sie hat sich gedemüthigt und geschwiegen und gedacht: Der Prinz ist nun der König, und was kümmert der sich um die arme kleine Nanthilde, mit welcher er einst gespielt hat und die nun in so abscheulichem Schmutz vor ihm steht? Doch in ihrem Herzen hat sie in so bitterm Jammer geweint, daß ein Teufel mit ihr hätte Erbarmen haben können. Denn es war die unschuldigste und süßeste Liebe, die in ihr weinte.

In solchem Suchen war König Hilderich an manchen Ort gekommen, wohin er nicht gewollt hatte, und hatte manches häßliches Gesicht gesehen, welches er nicht verlangt hatte; aber das Einzige, was er suchte und was für ihn in der Welt einzig war, konnte er immer noch nicht finden. Es saß ihm aber fest in seinem Herzen, sein Kleinod müsse in dieser Gegend irgendwo verborgen seyn, wo es ihm zuletzt wie ein Engel des Himmels plötzlich erschienen und wieder verschwunden war. Nun begab sich eine Kleinigkeit, die sein krankes und sehnsüchtiges Herz in neue Flammen setzte und zu vielen prächtigen Festen und Tänzen Gelegenheit gab. Er fand einmal fast hart an der Stelle , wo er die holdseligste Sonnenuntergangserscheinung gehabt hatte und wo er manchen Abend und manche Nacht

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Ernst Moritz Arndt: Mährchen und Jugenderinnerungen/Zweiter Theil. Berlin 1843, Seite 307. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Arndt_M%C3%A4hrchen_2_307.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)