die Stiefel blank geputzt – das Methodische, Regelmäßige seiner Rasse lag in dieser kleinen Handlung, noch bis zur letzten Minute seine Arbeit zu tun. Sein Gesicht aber war ganz verändert, aufgedunsen vom Weinen, daß die geschlitzten Augen beinah ganz verschwanden. Der Gedanke, ihn gehen zu lassen, kam mir plötzlich ganz unmöglich vor, ich fühlte, wie mir selbst die Tränen in die Augen traten, ich sah ja auch, wie schwer es ihm wurde, und so sagte ich ihm: »Willst du nicht bleiben? Es ist ja noch Zeit, Ta.« Da verzog sich sein Gesicht zu jenem seltsamen, orientalischen Lachen, das wir Occidentalen nie ganz verstehen, das bei Gelegenheiten erscheint, wo es uns als vollkommen unangebracht, ja verletzend berührt, das in einer gewissen Schüchternheit wurzelt und dem rührenden Zug entspringt: meine Angelegenheiten sind viel zu gering, als daß sie dich stören dürften. So grinste denn der arme Ta, während er dem Weinen nahe war, und auf meine Frage antwortete er, indem er einen Finger auf den Mund legte, den Kopf schüttelte und ganz leise sagte: »Nicht sprechen, Taitai.«
Ja, er hatte recht, wozu auch sprechen über das, was nicht zu ändern ist.
Tas Abreise gestaltete sich zu einer kleinen Ovation. Die Hausmädchen in den sauberen weißen
Elisabeth von Heyking: Briefe, die ihn nicht erreichten. Verlag von Gebrüder Paetel, Berlin 1903, Seite 125. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Briefe_die_ihn_nicht_erreichten_Heyking_Elisabeth_von.djvu/126&oldid=- (Version vom 31.7.2018)