reißen könnte, ablehnend verhält, als fürchte er sich zu zersplittern und mit einer großen Aufgabe nicht mehr fertig zu werden. Er sprach gleich von seinem Lebenswerk »Florenz in der Renaissancezeit«, an dem er arbeitete, als ich vor Jahren in die Fremde gezogen bin und das jetzt in herrlichen illustrierten Lieferungen erscheint. Er zeigte mir die neuesten Blätter. – Wie klein und zwecklos erscheinen doch die meisten Existenzen, mit ihren hastigen, wechselnden, folgelosen Bestrebungen, neben solch einem Leben, durch das sich ein einziges großes Interesse bestimmend hindurchzieht!
Ich traf beim Onkel noch einen anderen Gast. Ein kleines, buckliges, engbrüstiges Männchen, mit gescheitem, scharf geformtem Kopf, durchdringenden Augen, und bitterem Lächeln um die feinen schmalen Lippen. Ein alter Bekannter von früher ist mir Hanz-Buckau. In einem hohen, altersgrauen Gebäude an der Spree, verwaltet er seit Jahren eine Bibliothek; und in den Mußestunden, die ihm diese Arbeit und häufiges Kranksein lassen, übersetzt er klassische italienische Dichtungen, verfaßt selbst formvollendete Sonette satirischen Inhalts und versammelt abends eine auserwählte Gesellschaft um sich. Hanz-Buckau ist einer der wenigen Menschen in Berlin, die einen Salon gebildet haben. Die Leute, die zu ihm kommen, erscheinen in seinen
Elisabeth von Heyking: Briefe, die ihn nicht erreichten. Verlag von Gebrüder Paetel, Berlin 1903, Seite 163. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Briefe_die_ihn_nicht_erreichten_Heyking_Elisabeth_von.djvu/164&oldid=- (Version vom 31.7.2018)