doch oft recht übervorteilt werden. Wir sind unverbesserliche Heroenanbeter und nehmen fürlieb. Sind die Zeiten schlecht, so werden die Helden kleiner, ganz wie die Brötchen während der Teuerungen.«
Der Onkel antwortete: »Was Ihnen, lieber Hanz-Buckau, als charakteristisch erscheint für Land und Epoche, in denen Sie zufällig geboren sind, hat in Wirklichkeit immer und überall bestanden, denn alle Zeiten sind stets davon überzeugt gewesen, an großen Männern reich zu sein. Durch das spätere Urteil der Geschichte entsteht aber oftmals gerade dort eine Öde, wo die Zeitgenossen ein Gewühl sahen. In unmittelbarer Nähe sieht alles groß aus, aber wenn die Erscheinungen erst in eine gewisse Entfernung rücken, die Vergleiche und die Anlegung eines allgemeinen Maßstabes gestattet, ergibt sich die wahre, dauernde Bedeutung der Dinge. Die echten Riesen, auf die es allein ankommt, kommen schließlich immer zum Durchbruch, und Werte ganz zu fälschen, ist nur auf kurze Zeiten möglich – drum lasset den Eintagsgötzen die Eintagsanbeter.«
»Ihr Onkel,« wandte sich Hanz-Buckau an mich, »hat zeitliche Begriffe bereits überwunden. Für ihn sind Luther, Friedrich der Große, Goethe und Bismarck gegenwärtige Realitäten, Manifestationen
Elisabeth von Heyking: Briefe, die ihn nicht erreichten. Verlag von Gebrüder Paetel, Berlin 1903, Seite 166. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Briefe_die_ihn_nicht_erreichten_Heyking_Elisabeth_von.djvu/167&oldid=- (Version vom 31.7.2018)