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tauchte ein Ungeheuer mit Schlangenleib, Fischflossen und rot bemähntem Walroßhaupt; Seetang hing ihm am nassen Maule und Reste kleiner Fische – die letzten, die es noch in der See gefunden; auch seine grünlich glasigen Augen schienen zu sagen: »Nun bin ich ganz allein Herr der Welt.«  Da aber erblickten sich die beiden, der riesige Eisbär und das Seeungetüm. Die Flossen peitschten die Wogen, die Tatzen umkrallten den Felsen. Noch waren beide gesättigt, aber schon maßen sie sich mit den feindlichen Blicken künftiger Gegner. Sie hatten die ganze Welt entvölkert und trafen sich nun hier in der Einöde zu letztem Kampfe. Der würde entscheiden, wer Herr der Welt blieb! –

»Wir waren heute den Aleuten ganz nah,«  sagte der Kapitän beim Abendbrot, »einen Augenblick konnte man eine der kleinen Inseln durch den Nebel sehen.«

Ich aber hatte die Empfindung, als hätten sich die Wolken, die uns umgeben, einen Augenblick geteilt, und ich hätte einen Blick getan in die Geschichte der Welt, die ja oft eine Geschichte wilder Tiere ist. –



Empfohlene Zitierweise:
Elisabeth von Heyking: Briefe, die ihn nicht erreichten. Verlag von Gebrüder Paetel, Berlin 1903, Seite 16. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Briefe_die_ihn_nicht_erreichten_Heyking_Elisabeth_von.djvu/17&oldid=- (Version vom 31.7.2018)