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kam. Alles dort mahnte mich an ihn und an sie, obschon es doch ein ganz anderes Peking war, das ich wiederfand, und das alte, in dem die Beiden gelebt, für immer verschwunden ist. In der verwüsteten Stadt bin ich lang herumgeirrt und habe in all der Zerstörung nach Erinnerungen und Bildern aus der Vergangenheit gesucht. Aber wo einst die verwitterte Steinschildkröte stand und die Wistaria blühte, lag ein einziger Schutt- und Trümmerhaufen, kaum daß man den Platz unseres Häuschens noch bestimmen konnte. Wie eine ungeheure Last senkte sich die Trauer um unwiderruflich Verlorenes auf mich herab.

Keine Spur von ihm oder ihr.

Als sei es alles nie gewesen.

Abends saß ich dann lange sinnend vor den ausgebreiteten Briefen meiner Schwester. Zuerst dachte ich daran, sie zu verbrennen. Etwas Rauch, der zum Kamin hinaufsteigt und sich im Raum verliert, ein paar wehe Gedanken bei einigen Zurückbleibenden, die selbst auch bald dahin sein werden – und dann ist eines Menschen Spur verwischt. Aber ich vermochte es nicht. Das Letzte, was von jenen Beiden geblieben, sind diese Briefe, und als ich in ihnen blätterte, empfand ich so recht, wie sehr sie das wahre Leben meiner Schwester enthalten und ein Stück von ihr sind, die mir so

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Elisabeth von Heyking: Briefe, die ihn nicht erreichten. Verlag von Gebrüder Paetel, Berlin 1903, Seite 268. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Briefe_die_ihn_nicht_erreichten_Heyking_Elisabeth_von.djvu/269&oldid=- (Version vom 31.7.2018)