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die deutsche Sache eintraten, gehörte der Tübinger Philipp Joseph Rehfues[1], der schon damals als Reiseschriftsteller einen geachteten Namen hatte und die Stelle eines Bibliothekars des Kronprinzen Wilhelm bekleidete. Seine beiden „Reden an das deutsche Volk“ lenkten u. a. die Aufmerksamkeit des Ministers v. Stein auf ihn, und durch dessen Verwendung kam er an den Rhein, zunächst in die kaiserlich russische Verwaltung. – Ueber die Erlebnisse der nächsten Jahre gibt der hier mitgetheilte Brief an einen seiner vertrautesten Freunde, den hochverdienten schweizerischen Staatsmann und Bürgermeister von Chur, Joh. Friedr. v. Tscharner[2], erwünschte Aufschlüsse. Nicht bloss für Entwicklungsgang und Charakteristik des später berühmt gewordenen Mannes, sondern auch für die allgemeinen Zustände der Rheinprovinz nach dem Uebergang derselben an die Krone Preussen dürfte derselbe von Interesse sein.

Vom 4. Mai 1823 aus Bonn datirt, lautet er, wie folgt:


„Meine Reden an das deutsche Volk eröffneten mir, wie Sie wissen, zuerst diese neue Laufbahn, an die ich wirklich nie gedacht hatte, da ich mein Leben dem Fürsten zu widmen gedachte, den ich 1805 in Neapel kennen gelernt habe[3] und in dessen förmliche Dienste ich 1806 getreten war. Da ich bey dem alten König einzig und allein wegen meines Verhältnisses zu seinem Sohn in Ungnade war, und es denn doch zu den möglichen Dingen gehörte, dass diesen im Jahre 1814 eine Kugel traf, so suchte ich mir eine vorläufige Stellung bey der provisorischen Regierung am Rhein zu gewinnen. Ich ging 1814 als General-Gouvernements-Rath zu Grunern nach Coblenz[4], wurde aber nicht gut aufgenommen, da ich nicht von ihm gewählt worden war. Er war froh mich nach einigen Wochen auf die Kreisdirection nach Bonn zu entladen[5], eine Stelle, die ich annahm, weil ich mir

  1. Vergl. das Lebensbild in der Zeitschr. f. preuss. G. u. Ldkde. XVIII (1881), 89–224 und den Artikel in der ADB, beide vom Herausgeber dieses Briefes.
  2. Vergl. Vincenz v. Planta, Joh. F. v. Tscharner’s Leben u. Wirken. Chur 1848. – Die ADB wird einen Artikel über ihn aus der Feder des Herrn v. Wyss bringen.
  3. Vergl. autobiograph. Mittheilungen im „Lebensbild“, a. a. O. S. 153 ff.
  4. Für die kurze Zeit (April auf Mai 1814), welche Rehfues in Coblenz zubrachte, hatte ihm Gruner die Censur der daselbst erscheinenden Bücher und Zeitschriften, im Besonderen die des „rheinischen Mercur“ von J. Görres übertragen.
  5. S. jedoch das „Lebensbild“ S. 183. Von Gruner stammt der später durch den Minister v. Altenstein wiederholte Ausspruch, Rehfues sei ein
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1889, Seite 450. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1889_02_450.jpg&oldid=- (Version vom 3.12.2022)