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Cap. 23) seinem „Papas“, der am Hofe Geisa’s weilte, angerathen habe. Dieser Einwurf Bielowski’s muss gewürdigt und untersucht werden.

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Ungarische Tradition daran festhielt, dass Astrik, nicht aber Adalbert der Gründer des Klosters am „mons ferreus“ war[1]. Wäre Adalbert der Stifter dieses Klosters gewesen, so hätte dieses die Tradition, welche über seine Thätigkeit in Ungarn viel zu erzählen weiss, sicher nicht vergessen. Andererseits würde Brun, der einige Jahre später nach Ungarn kam (1004), nothwendigerweise hievon Kunde erhalten haben; er hätte dann einerseits diesen bedeutenden Erfolg der Thätigkeit Adalbert’s nicht verschwiegen, andererseits in Berücksichtigung desselben vielleicht auch ein günstigeres Urtheil über Adalbert’s Wirksamkeit in Ungarn gefällt, als er es in Wirklichkeit that (Cap. 16).

Diese Umstände sprechen direct gegen die Annahme Bielowski’s. Was nun aber die Behauptung desselben betrifft, der Bericht von der fluchtähnlichen Abreise Adalbert’s zu den Preussen passe nur auf Ungarn (und nicht auf Polen), so ist dieselbe auch grundlos. Es könnte zunächst darauf hingewiesen werden, dass die Botschaft Adalbert’s an den Papas noch in die Zeit fiel, da Geisa lebte[2], und dass es wohl zur Zeit seiner und Sarolta’s etwas gewaltsamer Regierung nöthig gewesen sein mag, sich heimlich aus Ungarn zu entfernen. Adalbert würde aber erst am Ende des Jahres 996 oder anfangs 997 seine Abreise aus Ungarn angetreten haben, als, nach der wohl richtigen Beweisführung Dümmler’s[3], Geisa schon längst todt war und mit Stephan eine neue Aera begonnen hatte.

Aber es bedarf nicht dieses Beweises, denn die Worte der Passio „latenter quasi fugam moliens“ geben gar keinen Anlass, auf eine Flucht vor gewaltsamem Zurückhalten zu denken, ist es doch keine wirkliche Flucht, sondern nur eine geheime fluchtähnliche Abreise,

  1. Vgl. die S. 105 Anm. 3 citirten Stellen. Ascricus abbas cum suis honorifice susceptus, ad radicem Montis ferri coenobium sub titulo sancti patris Benedicti construxit. Mon. Germ. SS. XI. 232.
  2. Brun Vita Adalb. Cap. 23; Miserat (sc. s. Adalbertus) his diebus ad Ungrorum seniorem magnum, inmo ad uxorem eius. Mon. Germ. SS. IV. 607.
  3. Piligrim von Passau S. 183 Anmerk. 27. Das „his temporibus“ der in der vorhergehenden Anmerk. citirten Stelle aus Brun ist kaum so scharf zu fassen, dass es nicht sowohl auf das Jahr 995 als auch 996 bezogen werden könnte, wobei zu beachten ist, dass das Cap. 23 erst in die zweite Redaction der Vita eingeschoben wurde. Ueber diese vgl. jetzt meinen Aufsatz zu Brun von Querfurt in dem Hist. Jahrbuch 1892 S. 493 ff.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1893, Seite 106. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1893_09_106.jpg&oldid=- (Version vom 20.3.2023)