Carl Hau: Das Todesurteil. Die Geschichte meines Prozesses. | |
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würden Sie keine so absurden Vermutungen hegen. Genug davon. Sprechen wir von etwas anderem. Sie gedenken auf Totschlag zu plädieren?“
„Ich weiß nicht. Wir wollen sehn. Die inzwischen eingetroffenen Zeugenaussagen aus Amerika sind sehr günstig. Der Staatsanwalt wird seine Abenteurer-Hypothese korrigieren müssen. Mit dem Geldmotiv ist es nichts. Ich werde aber doch für alle Fälle darauf bestehn, daß ein zweites psychiatrisches Gutachten eingeholt wird. Herr Professor Aschaffenburg wird Sie in der nächsten Zeit besuchen.“
„In Gottes Namen. Obwohl ich den Zweck nicht einsehe.“
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Der ältere meiner beiden Zellengenossen war ein ehemaliger Missionar in Süd-Afrika, ein baumlanger Mensch, der seine Mission unter den Schwarzen hauptsächlich darin erblickt hatte, dem weiblichen Geschlecht einen Begriff von der christlichen Liebe beizubringen, bis ihn seine Oberen als für ihre Zwecke untauglich nach Europa zurückgeschickt hatten, wo er dann ein Stellenvermittlungsbureau eröffnete und prompt mit dem Staatsanwalt in Konflikt geriet. Ein leichtsinniges Huhn, aber gutmütig und harmlos. Der andere war ein Apothekergehilfe, verhaftet wegen kleiner Unterschlagungen; dieser nahm sich seine Straftat sehr zu Herzen und zeigte aufrichtige Reue. In bezug auf Kleider, Wäsche und Schuhe war er sehr heruntergekommen. Darum schlug ich ihm am Morgen des Tages, an dem er verhandelt werden sollte, vor, sich aus meinem Koffer neu zu equipieren, indem ich darauf hinwies, daß es von nicht geringer Wichtigkeit sei, auch in puncto äußeres Erscheinen auf die Richter einen guten Eindruck zu machen. Er nahm das Anerbieten dankbar an. Da er dieselbe Figur hatte wie ich, stand ihm alles sehr gut, und er marschierte, von unseren besten Wünschen geleitet, in gehobener Stimmung. Kleider machen Leute. Es war ganz merkwürdig, zu beobachten, wie seine Niedergeschlagenheit beim Ankleiden verschwand und
Carl Hau: Das Todesurteil. Die Geschichte meines Prozesses.. Ullstein, Berlin 1925, Seite 100. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Das_Todesurteil_(Hau).djvu/101&oldid=- (Version vom 31.7.2018)