Carl Hau: Das Todesurteil. Die Geschichte meines Prozesses. | |
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Thema glaubte er taktvoll vermeiden zu müssen: meinen Prozeß. Aber eines Tages, als ich gerade aus dem Besuchszimmer kam von einer Konferenz mit meinem Verteidiger und ihn allein in der Zelle fand – der andere war zu einem Verhör vorgeführt worden –, machte ich meinem Herzen Luft. Dr. Dietz hatte mir wieder zugesetzt mit Fragen über die berühmten Beziehungen zu meiner Schwägerin in Ajaccio, Montreux, Baden-Baden und Paris. Er hatte auch durchblicken lassen, daß meine Frau ihm darüber manches erzählt habe. Ich war wütend. Im Zorn mögen mir wohl Andeutungen entfahren sein, aus denen der Referendar sich ein ungefähres Bild von der Sachlage machen konnte. So gerieten wir ins Gespräch über meinen Fall und über die bevorstehende Hauptverhandlung. Der Referendar erzählte mir, was er in den Karlsruher Juristenkreisen darüber gehört hatte. Ich war schon so gut wie verurteilt. Erst vor einigen Tagen hatte er in einer Gesellschaft einen Landgerichtsrat sich äußern hören: „Gott sei Dank, endlich mal wieder statt der langweiligen Bagatellsachen ein interessanter Mord mit obligatem Todesurteil.“
„Nun,“ meinte ich, „so weit sind wir noch nicht. Es kann doch auch anders kommen. Was denken denn Sie von den Aussichten, die ich habe?“
„Als Jurist halte ich Ihre Aussichten für sehr schlecht,“ entgegnete er, „aber ich weiß ja von der Sache nur, was in den Zeitungen stand. Der Indizienbeweis ist fast lückenlos. Die einzige Schwäche schien mir immer in dem Mangel eines ausreichenden Motivs zu liegen. Ich hatte von Anfang an das Gefühl: es steckt eine Frau dahinter.“
„Und jetzt glauben Sie zu wissen, welche Frau dahinter steckt. In Wirklichkeit wissen Sie gar nichts. Und ich bitte Sie, Ihre Vermutungen für sich zu behalten.“
„Selbstverständlich. Ich werde mit niemand darüber reden, darauf gebe ich Ihnen mein Wort. Aber wie nun, wenn der Staatsanwalt mich als Zeuge lädt und ich unter Eid aufgefordert werde, zu sagen, was ich während unseres Beisammenseins in Erfahrung
Carl Hau: Das Todesurteil. Die Geschichte meines Prozesses.. Ullstein, Berlin 1925, Seite 103. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Das_Todesurteil_(Hau).djvu/104&oldid=- (Version vom 31.7.2018)