Seite:De Das Todesurteil (Hau).djvu/105

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Carl Hau: Das Todesurteil. Die Geschichte meines Prozesses.

gebracht habe. Ich bin ziemlich sicher, daß er das tun wird, denn zu dem Zwecke hat man mich doch hier herein gesteckt. Das war mir vom ersten Tag an klar.“

„Ihre Sache kommt vor der meinigen zur Verhandlung. Sie werden voraussichtlich freigesprochen werden. Mir scheint, es wäre das beste, wenn Sie Karlsruhe für einige Zeit den Rücken kehrten, so daß man Sie nicht vorladen kann.“

„Das wird schwer zu verhüten sein. Ich kann doch nicht spurlos verschwinden. Und ich möchte sehr gern bei Ihrer Verhandlung zugegen sein, nicht aus vulgärer Neugierde, das werden Sie mir glauben, sondern aus freundschaftlichem Interesse. Ich hoffe doch, daß Sie sich noch entschließen werden, dem Gericht zu sagen, weshalb Sie nach Baden-Baden gefahren sind. Ich halte Ihr Schweigen über diesen Punkt für falsch und für zwecklos, denn es wird Ihnen gar nicht gelingen, eine Erörterung gewisser Dinge zu verhindern.“

„Das lassen Sie meine Sorge sein. Sie tragen sich schon seit langem mit dem Gedanken, nach Paris zu gehn und dort in ein Meisteratelier einzutreten. Sagen Sie, wenn Sie jetzt freigesprochen sind, der Juristerei endgültig Valet und machen Sie sich auf nach dem Mekka der Kunst. Mich und meinen Prozeß vergessen Sie. Das wird für uns das beste sein.“

Er hatte eine Mappe mit Skizzen bei sich und führte während der Haft einige Zeichnungen aus. Als der Tag seiner Verhandlung herannahte, bat er mich, zu einer Porträtstudie zu sitzen. Ich tat es, und er brachte das Blatt glücklich hinaus. Noch etwas anderes schmuggelte er aus dem Gefängnis hinaus: meinen Siegelring. Ich gab ihm denselben mit der Verabredung, wenn meine Sache einen günstigen Ausgang nehme, solle er mir ihn zurückerstatten, andernfalls ihn zum Andenken behalten. Später, als man nach der Verurteilung meine Effekten beschlagnahmte, verursachte das Fehlen des Ringes einen kleinen Skandal. Der Gefängnisvorstand wollte von mir wissen, wo der Siegelring hingekommen sei. Ich verweigerte die Auskunft.

Empfohlene Zitierweise:
Carl Hau: Das Todesurteil. Die Geschichte meines Prozesses.. Ullstein, Berlin 1925, Seite 104. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Das_Todesurteil_(Hau).djvu/105&oldid=- (Version vom 31.7.2018)