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Carl Hau: Das Todesurteil. Die Geschichte meines Prozesses.

und erschien am nächsten Tage im Gerichtssaal. Eine durchaus harmlose Persönlichkeit. Die Verteidigung mußte sich überzeugen, daß die Spur eine falsche gewesen war.

Zeitungsberichterstatter waren natürlich in großer Zahl anwesend. Ihre Berichte waren anfangs für mich ungünstig gefärbt; eine Ausnahme machten nur die amerikanischen und englischen Reporter, die nach der anderen Richtung voreingenommen schienen. Aber je weiter die Verhandlung fortschritt, je offensichtlicher der Mangel an Unparteilichkeit des Vorsitzenden und die maßlose Animosität des Staatsanwalts wurde, desto entschiedener nahmen alle Berichte einen Ton an, der weder dem Vorsitzenden, noch dem Staatsanwalt behagte. Der letztere konnte seinen Ärger auf die Dauer nicht verbergen. Als der Verteidiger den Zeitungsartikel zur Sprache brachte, den die Staatsanwaltschaft vor der Verhandlung in die „Badische Presse“ lanciert hatte und an demselben berechtigte Kritik übte, war der Becher seines Zornes voll. Ein weiterer Tropfen brachte ihn zum Überlaufen. Irgendein auswärtiger Journalist wurde in der Angelegenheit des genannten Artikels als Zeuge vernommen und äußerte sich dabei in einer solchen Weise, daß der Staatsanwalt ihm zurief: „Sie sind wohl von der Familie des Angeklagten dafür bezahlt worden, daß Sie hier so auftreten!“ Der Beschimpfte antwortete darauf: „Herr Staatsanwalt, das ist eine Infamie!“ Große Aufregung im Saale. Der Vorsitzende sprang auf und schrie den Zeugen an: „Herr, wie können Sie sich unterstehen, ein Mitglied des Gerichtshofes in so unerhörter Weise zu beleidigen?“ „Weil er mich zuerst beleidigt hat.“ Ja, mein Lieber, das sind zwei Paar Stiefel. Quod licet Jovi, non licet bovi. Weißt du nicht, daß der Herr Staatsanwalt privilegiert ist und beleidigen darf, soviel er will? Dreißig Mark Geldstrafe. Du kannst froh sein, daß du so billig davongekommen bist.

Der nächste, der den Zorn dieses energischen Vertreters der Anklage zu spüren bekam, war der Verteidiger. Dieser, auch ziemlich cholerischen Temperaments, setzte sich zur Wehr, und die beiden

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Carl Hau: Das Todesurteil. Die Geschichte meines Prozesses.. Ullstein, Berlin 1925, Seite 120. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Das_Todesurteil_(Hau).djvu/121&oldid=- (Version vom 31.7.2018)