Offiziere und Kammerherrn mit den ältesten
Namen; sie brauchen sichtlich nur die Hände
auszustrecken, um irgendeine Grafen- oder Herzogskrone
in Empfang zu nehmen. Wir sind also
bereits soweit, diese Finanziers nicht nur zu ertragen,
sie gesellschaftlich uns gleich zu setzen,
sondern wir sind in unserer aristokratischen Gesinnung
heruntergekommen genug, um ihren Hofstaat
abzugeben. Und das Traurige ist, daß Versailles
für eine streng aristokratische Auffassung,
wie ich sie noch vertrete, keinen Rückhalt bietet.
Am Tage nach dem Souper bei Beaujon habe ich die Verhandlungen mit ihm abgebrochen und eine Verbindung mit seinem Rivalen Herrn von Saint-James angeknüpft, der den Finanzier mit dem Edelmann verbindet, mir daher mehr zusagt. Er steht überdies der Regierung sehr nahe und machte mir Konfidenzen, die meine pessimistische Auffassung über unsere innere Lage nur bestätigten.
Ich war daher in keiner rosigen Stimmung, als ich am gleichen Tage nach Compiègne befohlen wurde, wo der Hof sich im Augenblick aufhält. Nebenbei bemerkt: Diese unaufhörlichen Reisen des Königs, die mit seinem Alter, mit seiner wachsenden Unruhe und der krankhaften Jagd nach Abwechslung an Zahl zunehmen, sind der Schrecken des Generalauditeurs der königlichen Finanzen. Das Gefolge ist stets enorm, die Gastfreundschaft, die den persönlichen Gästen Seiner Majestät gewährt
Lily Braun: Die Liebesbriefe der Marquise. München 1912, Seite 54. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Die_Liebesbriefe_der_Marquise_(Braun).djvu/060&oldid=- (Version vom 31.7.2018)