War es Ihre Absicht, mich den Stachel der Eifersucht immer heftiger empfinden zu lassen, damit ich alle Kraft daran setze, mich von ihm zu befreien, und helfe, Sie möglichst weit aus dem Gesichtskreis des kleinen Barons zu entfernen?!
Seien Sie versichert, ich werde intriguieren, wie Mademoiselle de Lespinasse, die Minister und Akademiker kreiert, und plädieren wie Monsieur Linguet, der die Gräfin Bethune sogar dann noch rettete, als er bereits gestürzt war.
In Paris sehen wir uns wieder – in diesem göttlichen Paris, wo alle Pulse schneller schlagen, wo das Leben ein spannendes Glücksspiel, die Liebe ein Champagnerrausch ist. Die Atmosphäre von Straßburg würde mich schwermütig gemacht haben, wenn die Luft, die Sie umgibt, nicht gesättigt gewesen wäre von diesem Paris.
Aber zuweilen entdecke ich, daß die feuchten Nebel des Rheins Ihre Augen zu verschleiern beginnen, daß die erschreckende Nähe deutschen Barbarentums einen fremden Zug von Ernst um Ihre schwellenden Lippen legt; – Paris allein kann Sie entzaubern Auf Wiedersehen in Paris! Soll ich den Prinzen Friedrich-Eugen von Ihnen grüßen? Darf ich ihm auch vom Baron von Pirch erzählen?!
Mit deutscher Andacht küsse ich Ihnen die Hand und denke dabei mit französischer Verwegenheit des rosigen Grübchens auf Ihrem Ellenbogen.
Lily Braun: Die Liebesbriefe der Marquise. München 1912, Seite 120. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Die_Liebesbriefe_der_Marquise_(Braun).djvu/126&oldid=- (Version vom 31.7.2018)