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sehr, weil sich ihre eigene Tugendhaftigkeit so strahlend von dem dunklen Hintergrunde abhebt.

Darum wird mir auch die Ehre einer Audienz zuteil. Joseph II. ist ein „aufgeklärter“ Monarch, der Dichter und Denker zu schätzen weiß. Ich verstehe: wie bisher in der Garküche der Welt alle Gerichte nur deshalb hergestellt wurden, um den Gaumen hoher Herrn zu kitzeln, so sind heute Gedanken und Gedichte für sie nichts weiter als Reizmittel für ihren erschlafften geistigen Magen.

Erzählen Sie dem Herrn Marquis von der Ehre dieses Empfangs, dann wird er nicht daran zweifeln, daß ich nur ein öffentlicher Spaßmacher bin, und die Stirn nicht mehr in Falten ziehen, wenn die Lippen eines Aventurier die schöne Hand seiner Gattin berühren. Bedürfen Sie jedoch eines Funkens, um das Pulverfaß eheherrlichen Zorns zum Explodieren zu bringen – wie ich fast vermute! – so sehen Sie mich mit Freuden auch zu dieser Rolle bereit. Sie dürften ja von vornherein der Gefahr sich bewußt sein, daß in Ihrer Nähe jeder Funken zur Flamme wird.



Herr von Beaumarchais an Delphine.
Straßburg, den 30. Oktober 1777.


Teuerste Marquise – Welch eine Nacht liegt hinter mir! Angesichts der Nachrichten aus Paris sah ich alle Träume meiner Jugend vor mir auferstehen: Helden in Silberrüstung schlugen mit

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Lily Braun: Die Liebesbriefe der Marquise. München 1912, Seite 207. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Die_Liebesbriefe_der_Marquise_(Braun).djvu/213&oldid=- (Version vom 31.7.2018)