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Handwerker, die seidenen Polonaisen der Damen mit den blauen Schürzen der Mägde. Im Theater empfing ihn frenetischer Jubel. Alles erhob sich, als er eintrat; von der ungeheuren Bewegung zitterten die Kerzen, das Rauschen der Kleider war wie fernes Wellenbrausen, und als eine reizende Schöne das greise Haupt des großen Mannes mit Lorbeer krönte und alle Blumen, die eben noch Haar und Busen der Frauen geschmückt hatten, ihm zuflogen, da schien der Augenblick gekommen, wo Intoleranz und Fanatismus, gefesselte Giganten, der Göttin Vernunft zu Füßen gezwungen wurden.

Dunkle Nacht empfing den Gefeierten, als das Theater sich hinter ihm schloß; aber kaum erschien er auf der Freitreppe, so flammten schon ringsumher Fackeln auf, unter denen sich eine unabsehbare schwarze Menschenflut auf und ab bewegte. War sein Antlitz bisher fast unbewegt geblieben, so sah ich ihn jetzt erbleichen, sah seine Augen sich weiten, sah wie die Arme, die eben noch schwer auf den Schultern seiner Begleiter gelegen hatten, sich aufwärts bewegten, wie die wächsernen Hände sich streckten.

Der Priester der zukünftigen Religion segnete die Menge. Ihr feierliches Schweigen bewies, daß sie ihn verstand.

Im Augenblick aber, da er, wieder ein müder Greis, auf die Freunde gestützt, die Stufen hinabzuschreiten


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Lily Braun: Die Liebesbriefe der Marquise. München 1912, Seite 220. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Die_Liebesbriefe_der_Marquise_(Braun).djvu/226&oldid=- (Version vom 31.7.2018)