In der Verteidigung meiner Ideen war ich mit Herrn von Mesnil-Durand in eine sehr lebhafte Diskussion geraten, und ich war gezwungen, nicht nur gegen ihn, sondern auch gegen den Herzog von Broglie, meinen alten Freund und Wohltäter, kritisch vorzugehen.
Beide verteidigten sich persönlich, wo ich sachlich angegriffen hatte; ganz Paris wurde zu ihrem Echo, das mich der gröbsten Undankbarkeit zieh. Der Herzog von Broglie verschloß mir sein Haus. Ein trauriges Zeichen für die Gesinnungslosigkeit der Bürger Frankreichs, die im Grunde von mir verlangten, die Tugend der Vaterlandsliebe der Tugend persönlicher Dankbarkeit unterzuordnen. Ich teilte in diesem Fall das Schicksal meines Freundes Condorcet, der wegen seiner Kritik der Finanzpolitik des Herrn Necker auf das schärfste getadelt wurde. „Wie kommen sie dazu, sich zum Richter des Ministers aufzuwerfen?“ frug man ihn entrüstet. „Soll ich mich auch noch verteidigen müssen, weil ich mich mit öffentlichen Angelegenheiten beschäftige?“ antwortete er. „Das ist das Recht, ja die Pflicht jedes Bürgers, der keiner besonderen Mission bedarf, um Rechte des Volks zu verteidigen oder Maßnahmen zu bekämpfen, die ihm entgegenstehen.“
Der korrumpierten Gesellschaft von Versailles, die keine anderen Gesetze kennt, als die der Hofetikette, die von der Vortrefflichkeit aller Einrichtungen
Lily Braun: Die Liebesbriefe der Marquise. Albert Langen, München 1912, Seite 257. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Die_Liebesbriefe_der_Marquise_(Braun).djvu/263&oldid=- (Version vom 31.7.2018)