sie infolgedessen fürchten mußte, in Abhängigkeit von einem Gatten zu geraten, der sie fortgesetzt betrügt. Aber kaum erfuhr unsere Königin von dem Unglück, als sie ihr aus freien Stücken eine Rente anbieten ließ, die den Zinsen ihres einstigen Besitztums entspricht. Wenn irgendetwas uns an Ihre Majestät noch fester hätte fesseln können, so ist es diese große Gnade, die vielleicht mehr noch um der Art, wie sie gewährt wurde, zu schätzen ist als um ihrer selbst willen.
Die Königin leidet; es gibt Stunden, wo sie stumm vor sich hin brütet und niemand von uns die Stille zu unterbrechen wagt, die gespenstisch den Saal beherrscht. Aber sobald jemand aus dem Kreise ihrer nächsten Umgebung Kummer hat, ist sie die erste, die hilft und tröstet, und dabei ihre alte Fröhlichkeit wiedergewinnt. Sie fand sogar, was allgemein auffiel, scharfe Worte, um die offene Schadenfreude der Partei Ghoiseul angesichts des Bankrotts der Rohan zurückzuweisen.
Ein Ausspruch der Herzogin von Grammont macht die Runde in Paris: „Die Rohans,“ so sagte sie, „beanspruchen seit langem den Titel eines souveränen Hauses. Man darf hoffen, daß ihre jetzt enthüllte Geldwirtschaft der letzte Beweis für die Berechtigung ihrer Prätensionen ist.“
Die Familie Rohan hat übrigens alles getan, um die Ehre ihres Namens zu retten: der Kardinal hat von seinem Schloß Savenne, wo er sich
Lily Braun: Die Liebesbriefe der Marquise. München 1912, Seite 332. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Die_Liebesbriefe_der_Marquise_(Braun).djvu/338&oldid=- (Version vom 31.7.2018)