Tausende wissen heute, daß die Bastille kein bloßes Bauwerk ist, von veralteten Kanonen und halben Invaliden bewacht, sondern der Staat selbst.
Verzeihen Sie mir, Frau Marquise! Meine Feder ist so sehr an Freiheit gewöhnt, wie ich. Ich wollte Sie nicht erschrecken, die Sie auf einem anderen Sterne leben. Wenn ich es könnte, würde ich nur für Sie diesen Stern erhalten wollen. Aber er ist ja auch Ihnen kein Glücksstern.
Teuerste Delphine! Trotzdem ich in der Dämmerung des Zimmers Deine Hand in der meinen halten, Deine weiche Wange leise mit meinen Lippen streifen konnte, bitte ich Dich, die Besuche bei Herrn von Puységur aufzugeben. Du bist nicht stark genug, um den Reden der Somnambulen mit der Ruhe gefestigten Geistes zu begegnen. Und ich selbst gestehe zu, der Eindruck, den das arme Bauernmädchen der Vogesen hervorruft, wenn sie aus dem Schlafe spricht, ist erschütternd. Ich habe sie heute nur im Beisein von Herrn von Puységur geprüft; sie erzählte Szenen aus dem amerikanischen Feldzug, die nur ich so deutlich hätte schildern können, und als wir sie nach der Zukunft frugen, befiel sie wieder jene quälende
Lily Braun: Die Liebesbriefe der Marquise. München 1912, Seite 398. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Die_Liebesbriefe_der_Marquise_(Braun).djvu/404&oldid=- (Version vom 31.7.2018)