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die wunderbare, jüngste Schülerin von Vestries. „Vergangenheit und Zukunft“ war der Titel der Pantomime, die sie aufführten: die Guimard als Marquise Pompadour in der üppigsten Courrobe, übersäet mit funkelnden Juwelen, die kleine Laure in flatterndem Hemdchen, als einzigen Schmuck ein rotes Tuch turbanartig um das Köpfchen gewickelt. Sie hob und senkte sich, sie schwebte und wirbelte um die feierlichen Menuettpas der Marquise, daß diese „Zukunft“ Jeden erobern mußte.

Die Königin befahl die Tänzerinnen zum Souper. Noch einmal hatte die Göttin der Freude der hohen Frau ihr Szepter in die Hand gedrückt. Immer wieder sprangen die Korke der Champagnerflaschen gegen die Decke und trafen wie Pfeile Amors die bloßen Brüste gemalter Najaden; immer kecker wurden die Chansons, vom perlenden Lachen der Königin unterbrochen.

Es war wie einst!

Gegen Mitternacht öffnete sich die Türe zu den Gemächern des Königs. Er trat ein, fahl im Gesicht; der Gesang verstummte, die Tänzerinnen standen still, angstvoll flüchtete sich die zitternde Zukunft in die Arme der blassen Vergangenheit; der König flüsterte mit seiner Gemahlin; das Licht in ihren Augen erlosch.

Es war der Tag, an dem Lomenie de Brienne Finanzminister geworden, Calonne nach England entflohen, und das böse Wort vom Staatsbankrott

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Lily Braun: Die Liebesbriefe der Marquise. München 1912, Seite 425. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Die_Liebesbriefe_der_Marquise_(Braun).djvu/431&oldid=- (Version vom 31.7.2018)