Dach gar behaglich. Lore verstand sich aufs Drapieren und Arrangieren, auch mit den bescheidenen Mitteln; der Ofen sang, das Kesselchen summte, der Nolz schnarchte auf Richards Knieen, der sich nicht wenig auf solche Zutraulichkeit einbildete, und Lore, die den ganzen Tag allein gesessen, hatte nun so viel zu reden, daß die Zeit immer zu kurz wurde. Hausdörffer pflegte sich im Taschenbuch zu notieren, was er mit ihr sprechen, was er sie fragen wollte. Sie lachte über solche Pedanterie und hatte besonders ihren Spaß an seiner Vorliebe für kleine Bleistifte. Er schätzte diese Stummel, die er kaum zwischen den Fingern halten konnte, über alle Gebühr und konnte, wenn einer ihm zu Boden fiel, eine Viertelstunde danach herumkriechen. Das zeichnete sie dann in den kühnsten, von keiner Rücksicht auf die Wirklichkeit beschränkten Umrissen, bis sie beide in tolles Gelächter ausbrachen, all ihren Sorgen zum Trotz. Lore hatte ein Bild auf der Reise, ihr beständiges Angst- und Hoffnungsbild. Sie fürchtete, daß es auf der Tournee beschädigt werden möchte, einem Bekannten war es vor kurzem so ergangen. Sie hoffte, daß es verkauft werden möchte, knüpfte ein ganzes Knäuel von Erwartungen daran: Clothe zurück, Reise nach Venedig, Gott weiß was alles. Eines Abends, kurz vor Weihnachten, fand Hausdörffer das Mädchen in jubelnder Aufregung. Es war ein Brief vom Kunsthändler gekommen, etwas
Ilse Frapan: Flügel auf!. Paetel, Berlin 1895, Seite 187. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Fl%C3%BCgel_auf_Frapan_Ilse.djvu/195&oldid=- (Version vom 19.8.2019)