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„Bleib’ ferne! Mein Bette heget dich nicht.“

„Nur einmal laß küssen dein weißes Gesicht!“

Er taucht in die Fluth, er faßt ihren Arm.
„So kühle denn, Knabe, die Liebe so warm!“

„Weh, Liebchen, wie ist so kalt dein Leib!“

20
Da umklammert ihn höhnend das Wasserweib.


„Und find’st du am Kühlen keine Lust,
Was floh’st du von warmer Menschenbrust?“

Sie rauschet hinab, ihr Gelächter verhallt.
Der Jäger flieht durch den finstern Wald.

25
Sein Herz ist starr, sein Haupt ist heiß,

Seine Glieder lähmet ein eisiger Schweiß.

Er sinkt zusammen vor Liebchens Thür.
„Treuliebchen! O komm’ noch einmal herfür!“

„Hilf Himmel! Wie ist deine Lippe so blau?“

30
„Das ist der Kuß der Wasserfrau.


Verstoß mich nicht! Dein Herz ist warm;
O laß mich sterben in deinem Arm!“

Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Hertz: Gedichte. Hoffman und Campe, Hamburg 1859, Seite 126. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Gedichte_(Hertz_W)_132.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)