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In frischer Luft, mein süßer Knab’,
Du bist zu hold für’s dumpfe Grab.

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Da führten sie mich wie im Traum

Hinaus zum lichten Galgenbaum.““
     Die Todten reden leise.

Herr Odin spricht kein einz’ges Wort,
Die Winde sausen fort und fort.

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     Die Todten reden leise. –


Klein Waltraut sitzt beim Fackelschein
Und trinkt vom blutig roten Wein.

Da schallt ein Hufschlag dumpf und schwer,
Ein schwarzer Reiter saust daher.

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„Halt an, du Reiter! Habe Acht!

Wohin in dieser finstern Nacht?“

Da hält er an sein Roß zumal,
Sein Antlitz glänzt im Fackelstrahl.

„Halt an, du schöner Ritter mein!

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Willst du heut’ Nacht mein Buhle sein?“


„„O Maid! Verhülle deinen Leib!
Ich küsse nie ein menschlich Weib.““

Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Hertz: Gedichte. Hoffman und Campe, Hamburg 1859, Seite 154. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Gedichte_(Hertz_W)_160.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)