was du willst. Und wenn ich das bedenke, müßte ich eigentlich nicht mehr für dich zittern, denn deine Wege können höchstens Umwege, aber keine Abwege werden, wie ich dich kenne. Wenn du nur immer weißt, daß du willst.
Du kommst und setzt dich, wenn alle Damen in deiner Mutter Teestunde schon, eifrig plaudernd, das Zimmer unruhig wie ein auf- und abwankendes Fahrzeug machen. Du setzt dich mit deiner sechzehnjährigen Mädchenruhe in einen leeren Diwanwinkel und hast deine Glieder, wie nackt ohne Kleid, ohne Bewußtheit, mitgebracht und hast nicht deinen Körper vergessen, wie viele der viel zuviel gekleideten Damen es tun.
Dein Mund redete noch nicht, auch deine Glieder reden noch nichts. Du fühlst auch noch nichts. Und du bist da in deiner Dunkelheit vor mir, von deiner Mutter mit Sorgfalt in einfache zarte Kittel aus Seide gekleidet. Neulich war es grüne, herbgrüne Seide, deren Grün nichts gemein hatte mit Pflanzen oder Metallen oder Tierfarben. Es war ein fernweltliches Grün, weil aus dir ein Erlebnis strahlte. Du kamst aus einer Welt her, wo eine grüne Sonne geschienen hatte, und davon
Max Dauthendey: Geschichten aus den vier Winden. Albert Langen, München 1915, Seite 199. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Geschichten_aus_den_vier_Winden_Dauthendey.djvu/200&oldid=- (Version vom 31.7.2018)