Ulrike stehen. Es unterhielt sie besonders, einem Manne zuzusehen, der den Scheinwerfer handhabte. Vom Boot war über dem Wasser nichts zu sehen als nur ein kleiner Schornstein, der Lichtapparat des Scheinwerfers und ein dünnes Eisengeländer, das um das längliche Verdeck lief. In der Form einer Zigarre, und einem Wasserkäfer ähnlich, eilte das Boot auf der Seefläche hin und kreuzte pfeilartig von Ufer zu Ufer. Die Offiziere rauchten Zigaretten und freuten sich über Ulrike und über ihr rotleuchtendes Haar, das in der Nacht noch stark mit seiner Feuerfarbe lockte.
Plötzlich kam Bewegung unter die Matrosen. Ein Offizier neben dem Scheinwerfermann gab leise Befehle, und alle andern Offiziere drängten sich zu ihm heran, und jeder sah durch ein neben dem Scheinwerfer angebrachtes Fernrohr eifrig und lebhaft erregt hinauf ans Ufer.
Man hatte Schmuggler entdeckt. Ich aber wußte, da ich auch zugleich oben auf dem Berg sein konnte, daß die vom Fernrohr entdeckten Gestalten im weißen Lichtstrahl des Scheinwerfers dort oben keine Schmuggler waren, sondern der Student und der Drogist, die der Aufforderung Ulrikes nachgekommen
Max Dauthendey: Geschichten aus den vier Winden. Albert Langen, München 1915, Seite 347. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Geschichten_aus_den_vier_Winden_Dauthendey.djvu/348&oldid=- (Version vom 31.7.2018)