Seite:De Heimatlos (Spyri) 050.jpg

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„Sie sind tot“, war Ricos fortwährende traurige Antwort.

Da nun der Kutscher sah, daß da alles tot war, ließ er die Verwandtschaft in Ruhe und fragte nur: „Wie hieß dein Vater?“

„Enrico Trevillo von Peschiera am Gardasee“, erwiderte Rico.

Nun legte der Mann sich die Dinge ein wenig zurecht und dachte bei sich: das ist ein verschlepptes Büblein von da unten herauf, und es ist gut, daß es wieder an seinen Ort kommt. Damit ließ er die Sache liegen.

Als nun nach der ersten steil abwärts gehenden Strecke der Bergstraße der Weg etwas ebener wurde, sagte der Kutscher: „So, Musikant, nun spiel einmal ein lustiges Liedlein auf.“

Da nahm Rico die Geige vor und war so wohlgemut da oben auf seinem Thron, unter dem blauen Himmel hinfahrend, daß er mit der hellsten Stimme anfing und kräftig darauflos sang:

„Ihr Schäflein hinunter von sonniger Höh'.“

Nun saßen zuoberst auf dem Postwagen drei Studenten, die machten eine Ferienreise, und wie nun das Lied weiterging und Rico mit aller Lust und Fröhlichkeit Stinelis Verse sang, da gab es auf einmal oben auf dem Wagen ein lautes Hallo und Gelächter und die Studenten riefen: „Halt, Geiger, fang noch einmal an, wir singen auch mit.“

Da fing Rico wieder an, und nun fielen die Studenten ein und sangen mit aller Macht:

„Und die Schäflein, und die Schäflein“ –
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Johanna Spyri: Heimatlos. Gotha 1878, Seite 50. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Heimatlos_(Spyri)_050.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)