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löblich, aber die Türen halb einzuschlagen dabei ist nicht notwendig.“ Otto ging sehr wohlgemut von dannen. Am Freitag war er entschlossen, den Fleck nicht zu räumen, bis er im klaren war, denn da kam für ihn nur noch der Samstagmorgen; da gab es freilich immer noch eine Haupträumerei. „Otto“, rief der Lehrer, als am Freitag die Glocke vier Uhr schlug, „trag mir schnell das Zettelchen zum Herrn Pfarrer, er gibt dir Schriften zurück; in fünf Minuten bist du wieder da zum Aufräumen.“ Das war Otto nicht ganz recht, aber er mußte gehen, auch konnte er ja gleich wieder da sein. In wenig Sprüngen war er im Pfarrhaus. Der Herr Pfarrer hatte noch jemandem Bescheid zu geben; die Frau Pfarrerin rief Otto in den Garten hinaus, er mußte ihr berichten, wie es der Mama gehe und dem Papa und dem Miezchen und dem Onkel Max und den Verwandten in Deutschland, und dann kam der Herr Pfarrer, und Otto mußte erklären, wie er zu der Kommission gekommen war, und was ihm der Lehrer sonst noch aufgetragen habe. Endlich hatte dann Otto seine Papiere erhalten und pfeilschnell war er drüben, riß die Tür der Schulstube auf: – alles in Ordnung, alles still, kein menschliches Wesen zu sehen.

„Nun habe ich mich die ganze Woche nicht ein einziges Mal nach den grausigen Fetzen bücken müssen“, dachte Otto befriedigt; „aber wer hat das Schauerliche nur tun können, ohne daß er mußte?“ Das wollte er nun um jeden Preis wissen.

Am Samstag waren die Schulstunden um elf Uhr zu Ende. Otto ließ alle Kinder hinausgehen, und wie nun die Schulstube leer war, da ging er vor die Tür hinaus, schloß sie zu und lehnte sich mit dem Rücken daran; so

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Johanna Spyri: Heimatlos. Gotha 1878, Seite 189. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Heimatlos_(Spyri)_189.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)