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Paul Heyse: L’Arrabbiata. In: Gesammelte Werke. 4. Band: Novellen. I., 8. Auflage, S. 1–21

Maria Santissima! rief er, bist du krank? du zitterst von Kopf bis zu Fuß.

Es ist nichts, sagte sie. Ich will heim! und wankte nach der Thür. Das Weinen übermannte sie, daß sie die Stirn gegen den Pfosten drückte und nun laut und heftig schluchzte. Aber eh er ihr nach konnte, um sie zurückzuhalten, wandte sie sich plötzlich um und stürzte ihm an den Hals.

Ich kann’s nicht ertragen, schrie sie und preßte ihn an sich, wie sich ein Sterbender ans Leben klammert, ich kann’s nicht hören, daß du mir gute Worte giebst, und mich von dir gehen heißest mit all der Schuld auf dem Gewissen. Schlage mich, tritt mich mit Füßen, verwünsche mich! – oder, wenn es wahr ist, daß du mich lieb hast, noch, nach all dem Bösen, das ich dir gethan habe, da nimm mich und behalte mich und mach mit mir, was du willst. Aber schick mich nicht so fort von dir! – Neues, heftiges Schluchzen unterbrach sie.

Er hielt sie eine Weile sprachlos in den Armen. Ob ich dich noch liebe? rief er endlich. Heilige Mutter Gottes! meinst du, es sei all mein Herzblut aus der kleinen Wunde von mir gewichen? Fühlst du’s nicht da in meiner Brust hämmern, als wollt’ es heraus und zu dir? Wenn du’s nur sagst, um mich zu versuchen oder weil du Mitleiden mit mir hast, so geh, und ich will auch das noch vergessen. Du sollst nicht denken, daß du mir’s schuldig bist, weil du weißt, was ich um dich leide.

Nein, sagte sie fest und sah von seiner Schulter auf und ihm mit den nassen Augen heftig ins Gesicht, ich liebe dich, und daß ich’s nur sage, ich hab’ es lange gefürchtet und dagegen getrotzt. Und nun will ich anders werden, denn ich kann’s nicht mehr aushalten, dich nicht anzusehn, wenn du mir auf der Gasse vorüberkommst. Nun will ich dich auch küssen, sagte sie, daß du dir sagen kannst, wenn du wieder in Zweifel sein solltest: Sie hat mich geküßt, und Laurella küßt Keinen, als den sie zum Manne will.

Sie küßte ihn dreimal, und dann machte sie sich los und sagte: Gute Nacht, mein Liebster! Geh nun schlafen und heile deine Hand, und geh nicht mit mir, denn ich fürchte mich nicht, vor Keinem, als nur vor dir.

Empfohlene Zitierweise:
Paul Heyse: L’Arrabbiata. In: Gesammelte Werke. 4. Band: Novellen. I., 8. Auflage, S. 1–21. Wilhelm Hertz, Berlin 1898, Seite 20. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_L%27Arrabbiata_(Heyse).djvu/22&oldid=- (Version vom 31.7.2018)