des Begriffs Proletarier auseinanderzusetzen, der, wie ich glaube, durchaus im Rahmen marxistischer Entwicklungslehre liegt: der Arbeiter, der ‚mit dem Hirne pflügt‘ wird als Gleichberechtigter und Gleichentrechteter neben den Handarbeiter gestellt.
Mit Ihrer Kritik des Vorwärts freilich würden Sie sich weniger in Übereinstimmung mit den ‚Genossen‘ befinden, – auch mit Ihrem getreuen ‚Genossen‘ Glyzcinski nicht! Ich kann seine Haltung uns gegenüber nicht verurteilen: ohne Zweifel werden in der Ethischen Gesellschaft alsbald viele sein, welche von dessen Urteil getroffen werden und nichts als ‚Harmonieduselei‘ treiben wollen. Wer aber bürgt dafür, daß sie nicht schließlich herrschen und ‚gefährliche‘ Elemente hinausdrängen?!
Suchen Sie Sindermann für uns zu gewinnen. Mein Vetter Paul, den Sie einmal bei mir sahen, und der dem Friedrichshagener Kreis angehört, hält zwar nichts von ihm und meint, Eitelkeit und Ehrgeiz würden ihn eher immer weiter von uns entfernen, als ihn uns näher bringen. Er rühmte mir dagegen den jungen Dichter des Dramas ‚Vor Sonnenaufgang‘, den er für den ‚Kommenden‘ hält; aber bei der Manier dieser Art junger Leute, aus jedem bunten Kälbchen einen Götzen zu machen, vor dem sie anbetend auf dem Bauche liegen, bin ich vorläufig noch sehr skeptisch.
Unsere Kommissionssitzungen sind einstweilen eingestellt worden. Alles denkt ans Reisen, und es wird im Zoo immer stiller. Wie schön und ungestört ließe sichs jetzt dort plaudern! Nicht wahr, Sie gönnen mir die Vorfreude
Lily Braun: Memoiren einer Sozialistin. Albert Langen, München 1909, Seite 553. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Memoiren_einer_Sozialistin_-_Lehrjahre_(Braun).djvu/555&oldid=- (Version vom 31.7.2018)