Seite:De Merian Helvetiae, Rhaetiae et Valesiae 071.png

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Käysers Heliogabali / ist sie gantz in die Aschen gelegt worden / welche hernach Käyser Aurelianus wider erbawet hat / von welchem sie auch den Namen Aureliae bekommen. Nachmals ist sie noch etlich mal verwüstet / vnnd durch Brünste fast gar zu Grund gelegt worden. Es will die Statt auß ihren Archivis beweisen / daß sie ein Römische Colonia, ein Reichs-Statt / vnd jederzeit frey gewesen. Vnd ob woln ihre Bischöff völligen Gewalt allda gehabt / so seye doch solches nur auß Zulassung deß Volcks daselbst geschehen / so seine Zuflucht zu den Bischöffen / wider die Vnterdruckung / vnd Gewalt der Beampten deß Reichs genommen / welche sich allda / wie auch an andern Orthen geschehen / zu Herren machen wollen. Dann dieselben haben sich Graffen von Genff geschrieben / vnnd gleichwol vom Bistumb die Lehen empfangen: Nach deren Absterben / der von Savoya ihre Herrschafften bekommen / vnd wegen dieser vnnd anderer Vrsachen / ein Gerechtigkeit vber Genff praetendiret / der auch vom Carolo IV. deß Reichs Vicariat vber die Statt außgebracht / so aber bald von ihme / dem Käyser wider auffgehebt worden / vnd seye der Bischoff / vnnd die Statt / in deß Reichs Freyheit verblieben / biß der Bischoff / als die Statt die Religion verändert / vnnd gantz allda reformirt hat / sich auß der Statt gen Nicy in Savoya begeben / da er noch wohnet / vnd ohnangesehen er noch / als ein Fürst deß Reichs / zu den Reichstägen beschrieben wird / vnd seinen alten Anschlag der drey zu Roß / vnd 13. zu Fuß Monatlich hat / doch solchen nicht mehr gibt. Vnd von selbiger Zeit an / hat sich diese Statt von seinem Gehorsamb entzogen / vnnd wird jetzt wie eine Respublica regiert; Vnd hat sich Anno 1536. mit den Bernern in ein ewigen Bund / vnd Burger-Recht eingelassen / welche auch der Statt / wider den Bischoff / vnnd Hertzog von Savoya / so sich der Römisch-Catholischen Religion angenommen / Hülff gethan haben; Folgends in Anno 1584. hat sie sich auch mit Zürich verbunden: Es seyn aber dannoch die von Genff nie recht sicher vor den Hertzogen von Savoya / wie sie es dann in den Jahren 1561. 78. 79. 82. 89. 1609. vnnd sonderlich Anno 1602. den 12. Decembr. Alten Calenders / wol erfahren. Damahlen auch etliche Genffer / deren Namen in der kleinern Statt / an der Kirchen S. Gervasij, auff dem Kirchhoff / in den Stein zur Gedächtnuß gehawen / blieben seyn. Es ligt diese Statt auff einem guten Boden / da Geträyd / Wein / allerley Hülsen-Früchte / Garten-Obst vnd dergleichen / in grosser Menge wachsen. In dem See / so von ihr den Namen / vnd daran sie ligt / vnd welchen Jacobus Goulartius beschrieben / gibt es herrliche Fisch / darunder Fohren von 2. Ehlen / vnnd länger / vnd eine von 30. Pfunden schwer / anzutreffen. Auff dem Land hat man köstliche Capaunen / so besser / als die Paduanische. Der Lufft ist zimblich gut / vnd temperirt / die Innwohner sehen die Frembde gern / vnd sein freundlich gegen dieselbige / ob man schon auch theils grobe Gesellen / wie an andern Orthen / da antrifft. Die Weibs-Personen seind zimblich schön / gibt viel Kauffleuth / vnnd ist grosser Handel mit Seyden Wahren / vnnd Büchern allda. Theils ernehren sich ab den Kostgängern / deren es / der Frantzösischen Spraach halber / die zimblich gut da ist / auch anderer guten Gelegenheiten halber / daselbst stätigs viel gibt. Man helt gute Disciplin / vnd werden die Garküchen / liederliche Trinckhäuser / Schlupffwinckel / Täntze / Müssiggehende / vnd starcke Bettler / da nit gelitten: Die Laster / sonderlich aber das vollsauffen / vnd die Vnzucht gestrafft. Es ist die Statt zimblich befestiget / vnnd mit Kriegs-Munition versehen / vnnd wird scharpffe Wacht gehalten: Hat auch der König in Franckreich / vor der Zeit / die Guarnison allhie vnderhalten lassen / so jetzt nicht mehr geschicht. Die Rosne, oder besagter Rhodanus, (welcher Fluß daselbst auß dem See kompt / vnd seine blawe Farb behält) theilet sie in die grössere vnd kleinere Statt. In der Grössern ist die Bischofliche Haupt-Kirch zu S. Peter / so jetzt / wie oben angedeutet / reformirt / da vor Zeiten deß Apollinis Tempel gestanden. Den Bischoffshoff hinder dieser Kirchen hat man zu einer Gefängnuß gemacht / so feine Zimmer hat / vnd ist dabey das Folter oder Reckhauß. Von dem Thurn der gedachten Kirchen kan man die Statt am besten vbersehen. Es seyn noch 2. Kirchen /

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Matthäus Merian: Topographia Helvetiae, Rhaetiae et Valesiae. , Frankfurt am Main 1654, Seite 71. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Merian_Helvetiae,_Rhaetiae_et_Valesiae_071.png&oldid=- (Version vom 2.4.2020)