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der Vertiefung meiner seelischen Lebensfunctionen vor sich gieng, der mir Stunde für Stunde blutigere Wunden schlug.

Es gibt gewiß Naturen, die schon ihr eigener animalischer Werdeproceß durch die dadurch geschaffenen Eigenschaften ihres Denkapparates von vorneherein dazu bestimmt, einst nur nach den Ergebnissen ihres forschenden Denkens, nach diesen letzten individuellen Wahrheiten zu handeln. Andere aber sind ab origine unselbständig, was die Überwerte anbetrifft, welche sie annehmen, und an die sie glauben. Ich möchte sagen, für sie sind die Evangelien die sittlichen Ideale, jene bald streng philosophischen, bald auffallend empirisch-unphilosophischen Theoreme, die uns gewaltsam zu den fixen Ideen drängen, welche unsere ganze Gesellschaft beherrschen und unser Denken durch unsere Feigheit zügeln: Staat, Moral, Sitte, Pflicht gegen die Nächsten und ihr Eigenthum, als da ist: Weib, Haus, Garten, Kind, seine Leidenschaften, seine Ansichten, kurz alles, was sein Egoismus zäh umklammert, ergo die ganze, große, conventionelle Lüge im übertragenen Wirkungskreise.

Ich gehörte zu den letzteren. Aber meine Ich-Natur wollte stark und unabhängig und frei – oder nicht sein. Darum mußte ich einsehen lernen, daß ich nur allein sein

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Arnold Hagenauer: Muspilli. Leipzig 1900, Seite 55. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Muspilli_hagenauer.djvu/053&oldid=- (Version vom 31.7.2018)