Es kitzelte mich in den Fingerspitzen, als ob ich Frostbeulen gehabt hätte. Es kam so wie eine dichterische Stimmung über mich. Ich habe das nie im Rausch gehabt, aber nach allen Räuschen. Ich nahm mein Notizbuch heraus, ein blauplüschenes, abgegriffenes Büchelchen in Goldschnitt mit einem Visitenkartentäschchen und legte es vor mich hin auf die Brüstung der hölzernen Bank. Dann suchte ich in allen Rock- und Gilettaschen nach einem Bleistift.
Hier – das – nein, das war ein Cigarrenstummel.
Schlamperei!
Ich warf ihn weg.
Endlich ein ungespitzter Stumpf.
Kein Taschenmesser natürlich.
Ich spitzte ihn mit meinen langen, harten Nägeln und meinen starken, aber plombierten Zähnen, so gut es eben gieng.
Dann fieng ich zu „düchten“ an:
Schenk mir Deine bleichen Lippen,
Kleines, armes, krankes Kind,
Ach, durch meines Stiefels Strippen
Weht ein kalter Wind!
Meine Hosen ausgebissen,
Und durchlöchert meine Schuh,
So ist auch mein Herz zerrissen
Und verschlampampt meine Ruh.
Arnold Hagenauer: Muspilli. Leipzig 1900, Seite 129. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Muspilli_hagenauer.djvu/127&oldid=- (Version vom 31.7.2018)