1. Es gibt eine Übersphäre, ein höheres Prinzip, wie das nächste Kapitel zeigen wird, allein für die gemeine Vorstellung von Gott würde kein Substrat vorhanden sein, noch ist das, was wir uns logischerweise unter der höchsten Idee vorstellen, mit dem vergleichbar, was der gemeine Theismus in seinem Wahn für glaubwürdig hält.
2. Der Haupterklärungsgrund für die Widersprüche und die Unlauterkeit in der gemeinen Vorstellung von Gott ist die anthropomorphe Ausstattung desselben im männlichen Sinne. Daraus erklärt sich, weshalb man bei seiner Darstellung großartig anfängt und stets elend und kleinmütig schließt. Von wahrer Weisheit und wirklicher Güte, welche seine Verehrer dem Herrgott vindizieren, könnte – man hat es ja selbstredend nur mit einer Art Hypothese zu tun – gar nicht die Rede sein … Er wäre vielmehr tyrannisch und wollustvoll im äußersten Grade … Seine Providenzlosigkeit, die Unfähigkeit, seine sogenannte Schöpfung richtig auszustatten, seine Rückständigkeit, die darin zu suchen wäre, daß er tief unter sich geschaffen hat, während jeder Künstler und Handwerker über sich hinaus schafft,
Helene von Druskowitz : Pessimistische Kardinalsätze. Herrosé Zimsen Verlag, Wittenberg o. J., Seite 7. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Pessimistische_Kardinals%C3%A4tze_Druskowitz_Helene_von.djvu/7&oldid=- (Version vom 31.7.2018)