Seite:De Schiller Die Räuber 194.jpg

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Franz verwirrt. Wenn mich im Tode ein Schauer anwandelt?

Moser. Ich habe wol mehr solche Elende gesehen, die bis hieher der Wahrheit Riesentroz boten, aber im Tode selbst flattert die Täuschung dahin. Ich will an eurem Bette stehn, wenn ihr sterbet – ich möchte so gar gern einen Tyrannen sehen dahinfahren – ich will dabeystehn, und euch starr ins Auge fassen, wenn der Arzt eure kalte nasse Hand ergreift, und den verloren schleichenden Puls kaum mehr finden kann, und aufschaut, und mit jenem schröcklichen Achselzucken zu euch spricht: menschliche Hülfe ist umsonst! Hütet euch dann, o hütet euch ja, daß ihr da ausseht wie Richard und Nero!

Franz. Nein, nein!

Moser. Auch dieses Nein wird dann zu einem heulenden Ja – ein innerer Tribunal, den ihr nimmermehr durch skeptische Grübeleyen bestechen könnt, wird izo erwachen, und Gericht über euch halten. Aber es wird ein Erwachen seyn, wie des lebendig begrabenen im Bauche des Kirchhofs, es wird ein Unwille seyn wie des Selbstmörders, wenn er den tödtlichen Streich schon gethan hat und bereut, es wird ein Bliz seyn, der die Mitter-Nacht eures Lebens zumal überflammt, es wird Ein Blick seyn, und wenn ihr da noch feste steht, so sollt ihr gewonnen haben!

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Friedrich Schiller: Die Räuber. Frankfurt und Leipzig: 1781, Seite 194. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Schiller_Die_R%C3%A4uber_194.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)