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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.

wird diese erkünstelte Begeisterung sie nicht bey der ersten Gefahr im Stich lassen? Werden sie nicht muthloser als jemals, in ihr Knechtsgefühl zurückfallen?

Hier kommt der egyptische Priester und Staatskundige dem Hebräer zu Hülfe. Aus seinen Mysterien, aus seiner Priesterschule zu Heliopolis erinnert er sich jetzt des wirksamen Instruments, wodurch ein kleiner Priester-Orden Millionen roher Menschen nach seinem Gefallen lenkte. Dieses Instrument ist kein andres, als das Vertrauen auf überirrdischen Schutz, Glaube an übernatürliche Kräfte. Da er also in der sichtbaren Welt, im natürlichen Lauf der Dinge nichts entdeckt, wodurch er seiner unterdrückten Nation Muth machen könnte, da er ihr Vertrauen an nichts irrdisches anknüpfen kann, so knüpft er es an den Himmel. Da er die Hoffnung aufgiebt, ihr das Gefühl eigner Kräfte zu geben, so hat er nichts zu thun, als ihr einen Gott zuzuführen, der diese Kräfte besitzt. Gelingt es ihm, ihr Vertrauen zu diesem Gott einzuflößen, so hat er sie stark gemacht und kühn, und das Vertrauen auf diesen höhern Arm ist die Flamme, an der es ihm gelingen muß, alle andre Tugenden und Kräfte zu entzünden. Kann er sich seinen Mitbrüdern als das Organ und den Gesandten dieses Gottes legitimiren, so sind sie ein Ball in seinen Händen, er kann sie leiten, wie er will. Aber nun fragt sichs: Welchen Gott soll er ihnen verkündigen, und wodurch kann er ihm Glauben bey ihnen verschaffen?

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1790–1791, Seite 26. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band3_Heft10_026.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)