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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.

stolz auf seine Fesseln, und der bessere Theil tröstete sich über die Gebrechen der Staatsverwaltung bei den Denkmalen französischer Kunst und bei den Triumphen der Litteratur. Frivolität und Persiflage, Dinge, für welche deutsche Sprache keine Ausdrücke kennt, wiewohl deutsche Biederkeit seit lange ihr Eindringen auf deutschem Boden beseufzt, wurden der Ton der guten Gesellschaft. Selbst da ein politischer Schwindelgeist sich beinahe der ganzen Nation bemächtigt hatte, widerstand dieser Ton hin und wieder dem allgemeinen Wirbel. „Wir wollen bezahlen, wir wollen unsre Mätressen heirathen, sagten die liebenswürdigen jungen Herrn, „aber man ruf’ uns Estellens schöne Tage zurück.[1] Auf der andern Seite, wenn einmal irgend eine unerwartete Begebenheit diesen Leichtsinn und diesen Ungestüm auf Gegenstände der Regierung hinzög, wenn die allgewaltige Mode Theilnehmung an Staatsangelegenheiten zum Gesetz machte, so war eine Gährung zu fürchten, die leichter oder schwerer zu besänftigen seyn mußte, nach der Wendung der Umstände. Da Ludwig XV im Jahr 1756 seine Parlamente bekriegte, wäre vielleicht das allgemeine Misvergnügen der Hauptstadt in öffentlichen Aufstand ausgebrochen, ohne den Streit über die italienische Musik.[2] Der Verfasser des Dorfwahrsagers und des gesellschaftlichen

  1. Stella, ein Schäferroman von Ritter von Florian.
  2. Siehe die neuen Bekenntnisse Johann Jakob Rousseaus.
Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1790–1791, Seite 45. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band3_Heft12_045.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)