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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.

 er nur die ersten Ansichten der Phantasie über einen Gegenstand enthält, dessen vollständige und bestimmte Ausführung metaphysischen Ernst erheischte. Billige Richter kennen die Verwickelungen, welche den Schriftsteller oft unwillkührlich für diese oder jene Art der Composition bestimmen, und wissen, daß im Augenblick der Begeisterung manche Idee nur angedeutet werden kann, daß ein Gefühl des vorübereilenden Augenblicks, womit man Wahrheit zu ahnden glaubt, um der Mittheilung fähig zu werden, nur als ein halbdunkles Bild erscheinen darf. Allein es sey ferne, daß diese Kleinigkeit auf eine Kritik Anspruch machte. Als Meditation über eine individuelle Empfindungsart mag sie bey den Lesern anfragen, ob sich jemand unter ihnen finde, dessen Gefühl sich in ihren Gesichtspunkt versetzen kann? Der Verfasser hat es nur versucht, sich selbst das Phänomen seiner eigenen Seele zu erklären, warum ihn jedes, selbst das gepriesenste Kunstwerk kalt und gleichgültig läßt, sobald es keine Spuren jener Idealisirung an sich trägt, welche der Natur getreu, ihre Züge durch Zusammenstellung veredelt, und dem Möglichen Wirklichkeit verleiht. Für Fleiß und Geschicklichkeit hat er nur raisonnirte Bewunderung. Wer anders empfindet, wird auch anders urtheilen.
Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1790–1791, Seite 109. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band3_Heft9_109.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)