sich dort vor einem Freistuhl „wissend machen zu lassen“ und den Eid auf das Schwert des Freigrafen zu leisten. Selbst die mächtigen Reichsstädte legten großen Wert darauf, unter ihren Ratsherren einige Freischöffen der heiligen Vehme zu haben.
Wenn nun eine Ladung oder ein Urteil der Vehme erging, so war jeder Schöffe auf Anfordern eines andern Freischöffen verbunden, zum Vollzug zu helfen. Und da bei dem Geheimnis, in welches die Vehmsache vor jedem Unwissenden gehüllt erschien, kein Schuldiger sicher sein konnte, ob nicht in seiner nächsten Nähe Freischöffen bereit seien, ihn zu fassen, so mußte diese Macht des heimlichen Gerichts in der That eine unwiderstehliche werden.
Häufig versuchten Städte und Landesherren vom Kaiser Privilegien dahin zu erwirken, daß ihre Angehörigen nicht vor einen Freistuhl geladen werden, sondern nur den einheimischen Gerichten unterworfen sein sollten. Solche Privilegien wurden dann wohl dahin erteilt, daß jene Ladung nur zugelassen werde, wenn der Kläger binnen einer gewissen Frist, in der Regel binnen vier Wochen, vor dem einheimischen Gericht Recht nicht zu erlangen vermöge. Und da in jenen Zeiten allgemeiner Rechtsunsicherheit und
Oskar Wächter: Vehmgerichte und Hexenprozesse in Deutschland. W. Spemann, Stuttgart 1882, Seite 71. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Vehmgerichte_und_Hexenprozesse_in_Deutschland_W%C3%A4chter.djvu/069&oldid=- (Version vom 31.7.2018)