nur an der Kleidung erkennen konnte. Er war körperlich zart wie eine im Treibhaus gezogene Gemüsepflanze, und alles an ihm schien ungewöhnlich zart und weich: die Bewegungen, das lockige Haar, der Blick, die Samtbluse.
„Guten Abend, Papa!“ sagte er mit weicher Stimme, dem Vater auf den Schoß kletternd und seinen Hals küssend. „Hast du mich gerufen?“
„Bitte, bitte, Ssergej Jewgenjewitsch,“ erwiderte der Staatsanwalt, ihn leicht zurückstoßend. „Bevor wir uns küssen, müssen wir einmal ernst sprechen… Ich bin dir böse und liebe dich nicht mehr. Merk es dir: ich liebe dich nicht, und du bist mir kein Sohn mehr… Jawohl.“
Sserjoscha sah den Vater aufmerksam an, lenkte dann den Blick auf den Tisch und zuckte die Achseln.
„Was hab’ ich dir denn getan?“ fragte er verständnislos, mit den Augen zwinkernd. „Ich war heute kein einziges Mal in deinem Zimmer und habe nichts angerührt.“
„Natalja Ssemjonowna hat sich soeben beschwert, daß du rauchst… Ist es wahr? Rauchst du wirklich?“
„Ja, ich habe einmal geraucht… Das ist wahr! …“
„Nun siehst du, jetzt lügst du noch obendrein,“ sagte der Staatsanwalt, die Stirn runzelnd, um sein Lächeln zu maskieren. „Natalja Ssemjonowna sah dich zweimal rauchen. Du hast dir also drei Vergehen zuschulden kommen lassen: du rauchst, du nimmst aus der Schublade fremden Tabak und du lügst. Drei Vergehen!“
„Ach, ja – a!“ erinnerte sich Sserjoscha und lächelte mit den Augen. „Es ist wahr, es ist wahr! Ich habe zweimal geraucht: heute und früher.“
„Nun siehst du: also nicht einmal, sondern zweimal… Ich bin mit dir sehr, sehr unzufrieden! Früher warst du ein
Anton Pawlowitsch Tschechow: Von Frauen und Kindern. Musarion, München 1920, Seite 66. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Von_Frauen_und_Kindern_(Tschechow).djvu/066&oldid=- (Version vom 31.7.2018)