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Guten Abend zu sagen, im Wächterhäuschen auf- und abzugehen.

Es war ein junger, hellblonder Postschaffner in einem abgetragenen Uniformrock und schmutzigen, roten Schaftstiefeln. Als das Gehen ihn etwas erwärmt hatte, setzte er sich an den Tisch, streckte die Füße von sich, daß sie auf die Säcke der Küsterin zu stehen kamen, und stützte den Kopf auf die Faust. Sein blasses Gesicht mit den roten Flecken darin trug noch die Spuren des soeben durchlebten Schmerzes und der Furcht. Verzerrt vom Aerger, mit den frischen Spuren der kaum überwundenen physischen und seelischen Leiden, mit dem schmelzenden Schnee in den Brauen, dem Schnurrbart und dem rundgeschnittenen Vollbart, war dieses Gesicht doch hübsch.

„Ein Hundeleben!“ knurrte der Schaffner und ließ die Augen über die Wände schweifen, als könnte er noch nicht glauben, daß er im warmen Zimmer war. „Viel hat nicht gefehlt, daß uns der Kuckuck geholt hätte! Wenn euer Licht nicht gewesen wäre, dann würde ich für nichts stehen… Und weiß die Pest, wann das alles mal ein Ende hat! Kein Ziel und kein Ende hat dieses Hundeleben! Wo sind wir denn hingeraten?“ fragte er, den Kopf senkend und die Augen auf die Küsterin heftend.

„Auf den Guljajewhügel, aufs Gut des Generals Kalinowskij,“ antwortete die Küsterin, zusammenfahrend und errötend.

„Du, Stepan,“ wandte sich der Schaffner an den Kutscher, der, einen großen Ledersack auf dem Rücken, zur Tür hereinkam, „wir sind auf den Guljajewhügel geraten!“

„Ja… Hübsch weit!“

Das sagte er so, daß es klang wie ein heiserer, zerrissener

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Anton Pawlowitsch Tschechow: Von Frauen und Kindern. Musarion, München 1920, Seite 87. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Von_Frauen_und_Kindern_(Tschechow).djvu/087&oldid=- (Version vom 31.7.2018)