Sie bekreuzigte sich dreimal und ging mit Ssofja Lwowna zum Ausgang.
„Du sagst also, daß du glücklich bist, Ssonetschka?“ fragte sie, als sie vor dem Tore waren.
„Sehr glücklich!“
„Gott sei Dank.“
Als Wolodja der Große und Wolodja der Kleine die Nonne erblickten, stiegen sie aus dem Schlitten und begrüßten sie mit Ehrfurcht; sie waren beide von ihrem blassen Gesicht und dem schwarzen Nonnengewand sichtlich gerührt, und beiden war es angenehm, daß sie sich ihrer erinnert hatte und herausgekommen war, um sie zu begrüßen. Damit sie es nicht kalt habe, hüllte sie Ssofja Lwowna in den Plaid und schlug einen Schoß ihres Pelzmantels um sie. Die vor kurzem vergossenen Tränen hatten ihre Seele erleichtert und erheitert, und sie freute sich, daß diese lärmende, unruhige und im Grunde genommen unreine Nacht unerwartet ein so reines und sanftes Ende genommen hatte. Um Olja möglichst lange bei sich zu behalten, machte sie den Vorschlag:
„Wir wollen sie etwas spazieren fahren! Olja, setz dich, wir fahren nur eine Weile.“
Die Männer erwarteten, daß die Nonne sich weigern würde, – die Heiligen pflegen ja nie Troika zu fahren, – doch zu ihrem Erstaunen willigte sie ein und stieg in den Schlitten. Während die Troika in der Richtung zur Stadt dahinsauste, schwiegen sie alle und waren nur um das eine besorgt, daß Olja es bequem und warm habe, und ein jeder dachte, wie sie früher gewesen war und was aus ihr geworden ist. Jetzt hat sie ein leidenschaftsloses, ausdrucksloses, kaltes und blasses Gesicht, so durchsichtig, als hätte sie in ihren Adern statt Blut Wasser. Aber vor zwei oder drei Jahren
Anton Pawlowitsch Tschechow: Von Frauen und Kindern. Musarion, München 1920, Seite 185. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Von_Frauen_und_Kindern_(Tschechow).djvu/185&oldid=- (Version vom 31.7.2018)