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kuntschaft erfaren. Nemlich ist seiner knecht ainer den 9ten Mai in obbemeltem 1511ten jhar in der nacht für Wildenstain komen und ain hörnlin geblasen. Gleich als im das vom wächter daselbs angezaigt, ist er ohne verzug mit

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seinen pferdten, deren er bei acht oder zehenen gehapt, ufgewesen, sein die weldt hinabzogen. Selbigs tags, sampstag den zehenden Mai, ist graf Endres mit drien knechten und ainem caplan, ohne gerüst, auch ohne allen harnasch, sonder allain wie ain waidman beklaidt, dann er gegen

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niemands args sich versehen, vom Bussen [434] das Riedt heraufzogen, in willen, zu seinem haimwesen zu der Scheer zu reiten. Und als er schier geen Hundersingen komen und seine knecht etlicher raisigen, ungefärlich bei neun oder zehen, gegen inen das Riedt herab ziehende, gewahr

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worden, hat er, als vor niemandts sich besorgend, seine knecht fürgeschickt, beschaidt zu geben und zu nemen. Als nun dieselbigen zu den werdenbergischen reutern, deren sie doch keinen, nachdem sie ire kappen biß über die nasen gezogen und sich vermumpt, kennen megen, kommen und, wer sie

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seien, gefragt, haben sie geantwort, sie seien twilisch. In dem, als graf Endres herzu kommen, der ohne zweifel anders nit gewist oder vermaint, dann graf Felix seie uf Muselburg, hat ainer under denen Werdenbergischen geschrawen: «Schiest ab!» Do haben sie merthails uf in

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abgeschossen und gefellt. So baldt das beschehen, hat graf Felix mit denen Sonnenbergischen darin gehowen, haben gleich mit schefflinen und schwertern zu graf Endressen trungen und in gestochen und gehawen, zu der erden gefelt, das pferdt under im erstochen, auch weder rede, noch

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ainige rechtvertigung gebraucht, dergleichen nit angezaigt, wer sie seien, oder warumb das beschehe, ime also manchen stich und straich ligendt gegeben, und in somma, wiewol er sich, sovil er künden, zu der wehr gestellt, so ist er doch letzstlich mit vil stichen und wunden von seim pferdt,

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nachgends vom leben zum todt ellendigclichen gepracht worden. Solche thatt ist uf obgehörten tag uf sein, graf Endresen, grundt und boden, auch hochen und nidern gerichten, an dem ort, da noch ain capelle[1] statt und graf Endresen capell genannt wurt, beschehen, darauß zu sehen

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und zu lernen, das niemands sein feindt oder widerwertigen


  1. capelle] deren Schicksal Birl. Volkst. II 298.
Empfohlene Zitierweise:
Froben Christoph von Zimmern: Zimmerische Chronik. Band II. Herausgegeben von Karl August Barack. Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, Freiburg, Tübingen 1881, Seite 245. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zimmerische_Chronik_2_245.jpg&oldid=- (Version vom 12.4.2018)