Seite:De Zimmerische Chronik 2 490.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

gewest. Derselbig hat ein vorfarn uf solcher pfarr gehapt, genannt herr Hainrich Weber, sonst genannt pfaff Redle. Von dem sagt man, er hab uf ain zeit zue Bietingen celebriert, nun hab er allernechst hünder der kirchen daselbs

5

ain paumgarten, und wie er elevirt, hab er ain knaben durch die geöffnete fenster der kirchen uf [560] seiner bierenbeum ainen steigen und bieren abgewinnen sehen. Das hab in zu ainer solchen ungedult bewegt, das er, unangesehen des elevirens, überlaut geschrieen: »Wol ufher ins teufels namen!

10

das dich alle plagen angangen!« Es hat sich menigclich domals ab solcher rede entsetzt und ainstails vermaint, der pfaff sei nit bei sinnen. Aber nach volendung der mess hat er allen seinen nachpurn den schaden, der ime under der mess begegnet, eröffnet und sich dess hoch erclagt.

15

Aber die pauren haben sein mehrtails daran gespott und daran verlacht. Aber nach herr Augustin kam uf die pfarr Bietingen ein priester, von Mösskirch gepürtig, der hieß herr Hainrich Leutfridt[1], war in seiner jugendt bei dem jüngsten under den dreien herrn gebrüedern, herr Wilhelmen

20

Wernhern von Zimbern, als ain famulus uf der hochen schul zu Freiburg gewesen. Der hat in etliche jar also erhalten und erzogen, gleichwol der guet herr wenig studiert het; iedoch als er durch hilf und fürschub seiner herren zu priester ward, halfen sie im zu der pfarr Bietingen. Er kam

25

vil zu den herren. Einsmals kam er wider zu inen geen Mösskirch; er war ob dem mal nach deutschem prauch besteubt, und als man von der gesundhait, wie die langwirig und bestendig mecht erhalten werden, anfieng zu reden, darneben der groß überfluß in der welt mit allen

30

umbstenden gemeldet ward, damit nun der guet herr Hainrich sich auch erzaigte, etwas sich uf den schulsack zu versteen, wolt er auch latein und sein tail zu iezgehörtem proposito sprechen, darumb sagt er: »Gnedig herren, der cibus und der potus ist an solchem allem schuldig, der thuet den

35

mentschen so großen schaden.« Es ward dieser rede von den herren und menigclichem wol gelacht, auch lang nie vergessen. Er ist hernach anno 155 . . in großem alter zu Bietingen uf der pfalz gestorben. An seinem todt ist menig-


  1. Leutfridt] heißt in den acten des Donaueschinger archivs Lupfrid und kommt 1527 als pferrer von Mösskirch vor; über sein todesjahr geben sie keine nachricht.
Empfohlene Zitierweise:
Froben Christoph von Zimmern: Zimmerische Chronik. Band II. Herausgegeben von Karl August Barack. Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, Freiburg, Tübingen 1881, Seite 490. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zimmerische_Chronik_2_490.jpg&oldid=- (Version vom 12.4.2018)