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dem andern ain beschwerens und entsitzens hab. Das ward also von inen allen abgeredt. Nun ward der cammerrichter ein einsammer fürst, het kein kurzweil, war im auch die weil lang, do kam er uf selbigen sant Martins aubendt mit wenig

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diener in herr Jörgen Pauren haus und lued sich selbs. Der weniger tail der componia[1] wust hievon. Wie es nur schier zeit zu nachtessen, so kompt doctor Conradt Praun, der canzlei verwalter, der war ain wunderbarlicher, frölicher melancholicus, so er in sein lohn[2] kam. Der sprang zur

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stubenthür hienein und sprücht: »Ir herrn, ist kein fürst da?« In dem so ersicht er den cammerrichter und erschrickt, bit den herzogen umb gnedige verzeihung. Der herzog mocht sein wol lachen, und redt ein ieder das sein darzu, das es der herzog nit kunt zu ungnaden ufnemmen. Wie

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man nun über disch kompt und das becherlin und das glesslin umbher gath, auch die stimmen laut wurden, do facht herr Andres von Conritz mit großem list überlaut zu singen. Der alt man wolt mit witzig sein. Wie er nun also intonirt, so sitzt doctor Balthaser Stump, ain geschickter,

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hochverstendiger man neben im, und wie iederman frölich, gedenkt er nit, das der herzog ob disch sas, gibt er antwurt im gesang und singet überlaut: »Er thett ins bet und legt sich darein« etc. Wie er aber den cammerrichter ersicht, do erschrickt er und redt ieder das böst darzu, dann

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es war ein componia, dergleichen wenig sein zu finden[3]. Herr Wilhelm Wernher von Zimbern dem ist noch ein sorgcliche sach mit dem eis begegnet; dann in eim jar oder zweien nach obgehörter gefahr hat er im Januario in gröster kelte, als der Rein abermals hart überfroren, in

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cammergerichtsgescheften verreiten müesen. Seitmals aber der cammerrichter, auch mertails der fürnempsten personnen am cammergericht darvor ain künigreich angeschlagen hetten[4], welches mit allen frewden sollt begangen werden, besorgt herr Wilhelm Wernher, das er sich dessen seiner bevolchnen

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gescheften halb versaumen möcht, derhalben befürdert er sich, sovil müglich, uf den aubendt darvor, als [699] das fest angefengt werden solt, alda anzukommen. Wie er aber zu Speir abgeritten, war der Rein aller überfroren gewesen,


  1. componia] hs. coponia.
  2. lohn] d. i. laune.
  3. zu finden] hs. zu friden.
  4. ain künigreich angeschlagen hetten] wohl das spiel, wobei einer durch das loos zum könig gewählt wird, welcher dann den andern als knechten befiehlt; s. Frisch, Teutsch-Lateinisches Wörterbuch s. 536 unter Königsspiel.
Empfohlene Zitierweise:
Froben Christoph von Zimmern: Zimmerische Chronik. Band III. Herausgegeben von Karl August Barack. Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, Freiburg, Tübingen 1881, Seite 119. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zimmerische_Chronik_3_119.jpg&oldid=- (Version vom 12.4.2018)