Seite:De Zimmerische Chronik 3 501.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.


rechnung befande. Es het der probst ain narren bei sich gehapt, het er von jugendt uf erzogen, hieß Petter, war gar nahe so alt, als der probst. Der nam seins herren absterben so hoch uf, das er in kürze darnach auser lauter unmuet

5

auch ist gestorben. Under allen thoren hab ich kainen seines gleichen nie gesehen; dann wiewol er ain lauters kündt, so kunt er doch ein haushaltung [922] zimlich versehen. Er kont uf dem markt alle victualia einkaufen und versorgen; in der not wust er mit dem wein und das dem keer

10

zugehört, wol umbgeen. Er kunt disch richten und dem vorder wol ufwarten. So man gessen, kunt er ufheben und iedes an ort, dahin es gehörig, wider behalten. So seubert er das haus, das der probst kain nutzlichern hausknecht oder diener het künden bekommen. Darneben hat er dem probst und

15

seinen gesten vil kurzweil gemacht. Er war von vil jaren her also beredt und wust auch nit anders, dann, so er ein krepsschalen oder ein . . . bain von einer hennen uf der nasen, das er derweil unsichtbar were. Damit ist vil schimpfs mit ime getriben worden. So der probst gest, wardt im

20

unversehens ein krebsschal oder ein hennenbain uf die nasen gesetzt, so vermaint er gründtlich, man gesehe ine nit. Es thette auch menigclich dergleichen, fragten dann: »Ach, wo ist uns der Petter hinkommen?« Das gefiel im und stellt sich dann in ein winkel. Sprach der ein: »Mich befrembdt,

25

das Petter verloren«, sagt der ander: »Der böswicht, der dieb ist hinauß, abermals ein schaff zu stelen oder ain katzen zu schinden, so verkauft er den balg eim kürsner für ein bockfel.« Das kundt der narr nit erleiden, ergrimpt in dem selben, iedoch, dieweil er gründtlich vermainte, er were

30

unsichtbar, so standt er still und verdruckt sein zorn. Sollich affenspill trib man lang mit ime. Letstlich kam ainer und stieß im die krepsschalen ab der nasen, als ob es ungeferdt beschehen, sprechende: »Sihe Petter, bistu da? Wir haben alle vermaint, du seiest dussen gewest.« So lacht er dann

35

und sagt: »Ja, ich kom aller erst vom vischmark, ich hab das oder das ußgericht« etc. Man muest in zu zeiten vexieren und erzürnen, damit ime der spiritus excitirt, er were sonst seiner melancolei halb in krankhait gefallen, wie man gemainlich sprücht: »Die narren müeßen getriben und geiebt

40

sein, oder sie verderben und verligen sonst«; iedoch das man sie nit gar übertreibe, es mags sonst auch nit thuen.


Empfohlene Zitierweise:
Froben Christoph von Zimmern: Zimmerische Chronik. Band III. Herausgegeben von Karl August Barack. Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, Freiburg, Tübingen 1881, Seite 501. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zimmerische_Chronik_3_501.jpg&oldid=- (Version vom 12.4.2018)