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zwischen den großen auch manche kleine Särge. Unter dem ganzen Schloß gab es diese gewölbten Räume. Aber wenn man von draußen in die andern blickte, sah man da Kartoffeln, Kohlen, Äpfel und viele Weinflaschen liegen, nur unter der Kirche lagen tote Menschen, die all solcher Dinge nicht mehr bedurften.

Daß auch die eigenen Eltern da lagen, wußten die Kinder damals noch nicht. Das erfuhren sie später, wie so manches andere, ohne sich besinnen zu können, wann und von wem. Es gab eben Dinge, die wußte man plötzlich, als man anfing groß zu werden.

So dunkel und schauerlich die Gruft aussah, wenn man durch die blinden, bestaubten Scheibchen der kleinen Fenster hineinblickte, so hell und freundlich war oben die Kirche. Sie war ganz weiß und golden und zwischen all dem Weiß und Gold waren noch viele Bilder aus der biblischen Geschichte angebracht. Oben die Decke aber war so gemalt, daß es aussah, als schaue man zwischen Säulen und Bogen in einen zu allen Jahreszeiten blauen Himmel. In dem schwamm, gerade in der Mitte in einem Dreieck goldener Strahlen, ein großes offenes Auge. Das sei das Auge Gottes, das alles sieht, hatte ihr Fräulein den Kindern erklärt. Zwischen den Säulen und Bogen flatterten Engel mit bunten Flügeln und wehenden Gewändern. Aber sie waren merkwürdig verzerrt, und auch die Bogen und Säulen schienen ganz schief, als müßten sie gleich umstürzen; nur von Großmamas Platz mitten in der Loge aus gesehen wurde alles plötzlich gerade und richtig. Von da bemerkte man auch,

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Elisabeth von Heyking: Zwei Erzählungen. Philipp Reclam jun., Leipzig [1918], Seite 9. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zwei_Erz%C3%A4hlungen_Heyking_Elisabeth_von.djvu/11&oldid=- (Version vom 31.7.2018)