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einiger Andenken, darunter wohlverwahrt die wenigen Zeilen, die der Gefallene im Felde noch aus der Heimat empfangen. Überbleibsel eines Lebens. Großmama hatte dies bißchen, was nun alles war, in sein Zimmer getragen und schloß es dann ab. In einem alten Schloß ein Zimmer, das nun nicht mehr gebraucht wurde, und in der Kreuzzeitung eine Anzeige. Ja, das war alles.

Der ungeheure, graue Menschenstrom aber raste weiter. Und eben erst in seiner Unabsehbarkeit vorbeigeflutet, verlangte er doch schon Nachschübe.

Großmama erhielt ein Telegramm. Mit zitternden Händen öffnete sie es. Es war von dem jüngsten Enkel aus der Garnison und besagte, daß die Ersatzschwadron ganz unerwartet rasch, in zwei Tagen schon, ausrücken würde.

Großmama machte sich gleich auf den Weg. Eigenes Bedürfnis war es, dieses Jüngsten Ausfahrt mitzuerleben, und zugleich der Gedanke, der sie in all den Jahren begleitet hatte, die Enkel, soweit es an ihr lag, nie die Eltern vermissen zu lassen, wenn sie sich ihnen dabei auch freilich meist wie mit geschlossenem Visiere zeigte, um sie nur ja jeder unnützen Weichheit zu entwöhnen. Eine noch so kleine Reise war in jenen Tagen aber ein Unternehmen. Müde von der Fahrt in überfüllten Zügen und dem unbestimmten Warten auf Bahnhöfen, ergriffen vom ersten Zusammentreffen mit Verwundeten und Sanitätsmannschaften, mit dem ganzen Apparat des großen organisierten Kriegsleidens, kam Großmama endlich abends in der kleinen Garnisonsstadt an. Und war dann doppelt froh, daß sie

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Elisabeth von Heyking: Zwei Erzählungen. Philipp Reclam jun., Leipzig [1918], Seite 33. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zwei_Erz%C3%A4hlungen_Heyking_Elisabeth_von.djvu/35&oldid=- (Version vom 31.7.2018)