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Ausdruck: „Man darf eben nicht viel zurückdenken.“

Und mit diesen Worten war eine andere Sorge Großmamas verscheucht. In Erwartung des Wiedersehens mit den beiden ihr noch bleibenden Enkeln hatte sie manchmal mit Bangigkeit gedacht, daß die Erinnerung an den für immer fehlenden gar zu schmerzlich darauf lasten würde. Es wurde nun zwar des Geschiedenen bald mit liebevollen Worten gedacht, aber dann erwähnten ihn die Brüder nicht wieder. Sie hatten offenbar lernen müssen, wie man die innern Augen gegen Unabänderliches schließt und abtut, was die eigene Tatkraft schwächen konnte. Es berührte Großmama zuerst etwas befremdend, aber dann erkannte sie darin gerade den Geist, den sie den Enkeln ja stets gewünscht hatte. Selbstverleugnung lag in diesem scheinbaren Vergessenkönnen; auf ein Versinken in Trauer hatten die ja kein Recht, die sich mit Leib und Seele gar nicht mehr selbst gehörten; zur Vollbringung ihrer Aufgaben mußten sie die Zeit nützen und Gefühlsopfer zu bringen wissen, bis vielleicht das höchste Opfer auch von ihnen gefordert wurde. Es gab eben auch bei diesen, außer glorreich leuchtenden Taten, noch manch stilles Heldentum, das durch kein Kreuz belohnt werden konnte, sondern selbst ein im Verborgenen getragenes Kreuz war.

So hatte sich das alte Verstehen zwischen Großmama und den Enkeln rasch eingestellt. Dann schlugen die beiden vor, essen zu gehen, und Großmama, die ihre Mahlzeiten sonst immer in ihrem Wohnzimmer

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Elisabeth von Heyking: Zwei Erzählungen. Philipp Reclam jun., Leipzig [1918], Seite 59. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zwei_Erz%C3%A4hlungen_Heyking_Elisabeth_von.djvu/61&oldid=- (Version vom 31.7.2018)