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Erfindung,“ erklärte Tante Sonja, „damit werden in ganz kurzer Zeit Nachrichten bis nach Petersburg weitergegeben – ach, wer doch auch so rasch dort sein könnte!“ Und ermüdet lehnte sie sich zurück in ihrem weiten Reisemantel.

Aber endlich war man doch angekommen in der Stadt der übergroßen Plätze und endlos langen breiten Straßen. Dorothee wohnte nun in einem gelben, kastenartigen Hause, das eine Einfahrt hatte, an der ein Schweizer stand. Durch die Fenster herabblickend, schaute sie verwundert auf all die ihr neuen Gestalten, die des Weges kamen. Leute, denen die bunten Hemden über die weiten Hosen fielen, die hohe Stiefel und lange Bärte trugen, die alle einen seltsamen Ausdruck hatten, als seien sie nie recht wach, sondern träumten von irgend etwas, das vielleicht einmal kommen könnte, wo es sich dann wohl zu erwachen lohnen würde. Viele Popen sah Dorothee, düstere Erscheinungen, von deren schwarzen Hüten schwarze Tücher über die schwarzen Gewänder flossen. Um so bunter erschienen ihr Offiziere und Soldaten. Auf kleinen struppigen Pferden kamen Kosaken vorbei, in roten Uniformen und weiten blauen Hosen, die an den Schaften und Innenseiten mit Leder besetzt waren. Hohe schwarze Mützen trugen sie, mit überhängenden Tuchlappen und starrer weißer Feder; lange gebogene Säbel hingen ihnen an der Seite, große Pistolen steckten in den Gürteln, und an den Lanzen flatterten die schmalen Fähnchen. In kleinen offenen Einspännern saßen Offiziere, den pritschenartigen Sitz zwischen den

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Elisabeth von Heyking: Zwei Erzählungen. Philipp Reclam jun., Leipzig [1918], Seite 88. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zwei_Erz%C3%A4hlungen_Heyking_Elisabeth_von.djvu/90&oldid=- (Version vom 31.7.2018)