daß es kein Gesetz in der Welt giebt, welches Du für Dein Vorhaben in Anspruch nehmen dürftest.“
„Gesetz, Eustach? spreche ich von Gesetz? denke ich an Gesetz? Das Recht soll zwischen uns herrschen, Eustach! das Recht ist etwas Andres und Höheres als das Gesetz. Denn sieh! wenn alle Männer des Gesetzes mit allen Gesetzbüchern der Welt kämen und mir bewiesen, daß das Gesetz mir Unrecht gäbe: so würd' ich sprechen: das ist möglich, aber ich bleibe bei meinem Recht und Gott schützt mich darin.“
„Du bist wirklich wie die Wilden, lieber Engel, die mit ihrem Freiheits-Instinkt und ihrem individuellen Unabhängigkeitstrieb ganz unfähig sind sich in eine menschlich gesittete Gesellschaft zurecht zu finden in der man Kleines fahren lassen muß um Großes zu gewinnen. Wer nicht im Stande ist eine persönliche Kränkung in sich zu überwinden – wer es nicht dahin bringen kann fremdes Unrecht zu verzeihen und eignes Leid zu vergessen – der ist kein gebildeter Mensch, der tritt in die Reihen der Zeiten und Völker zurück wo die Blutrache eine Pflicht, und die Unversöhnlichkeit eine Tugend war – mit dem ist nicht auf gleichem Fuß zu leben. Wer seinem Nebenmenschen keine Concessionen
Ida von Hahn-Hahn: Zwei Frauen. Zweiter Band. Berlin 1845, Seite 92. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zwei_Frauen_(Hahn-Hahn)_v_2.djvu/093&oldid=- (Version vom 31.7.2018)